Und dahinter liegt eine andere Welt.
Am Abend, als ich von meiner Odyssee nach Long Beach und wieder zurück meine Dolores auf dem Hotelparkplatz abgestellt, den Helm abgenommen und mich erst mal ausgiebig gestreckt hatte, sah ich auf dem Boden vor mir ein paar Geldscheine liegen.
Die Währung konnte ich aus der Entfernung nicht erkennen.
(Ihr denkt jetzt sicher: Der muss ja eigentlich nie mehr arbeiten, der findet ja ständig Geld auf der Strasse, wie auch vor ein paar Tagen schon in Hollywood).
Bei näherer Betrachtung zeigte sich, dass es drei Zwannis waren.Leider keine Dollars, dafür aber, was für ein Zufall, mexikanische Pesos.
Zufrieden, wieder zurück zu sein, schob ich das Geld ein und ging hoch ins Zimmer.
Wir checkten aus, mit einem faden Nachgeschmack – vom Frühstück – und bepackten unsere Motorräder.
Hierbei hatten wir mittlerweile eine gewisse Routine.
Dieser Koffer zuerst, dann der andere, das Topcase drauf und die Gepäckrolle, bzw. das Zelt, zum Schluss. Die Koffer wurden vorsichtshalber noch mit Spanngurten gesichert, für den Fall dass sich die Halterung doch unerwarteterweise lösen würde.
Dieser Vorgang dauerte, ich würde mal sagen, so um die 10 Minuten.
Noch ein kurzer Blick auf die Karte und dann konnte es losgehen.
Bis zur Grenze sind es gerade mal 30 Minuten Fahrzeit.
Dann würden wir bestimmt entweder im Stau stehen oder, wie wir im Lonely Planet gelesen haben, so etwas wie eine „Filzlotterie“ machen müssen.
Das sieht dann so aus, dass jeder eine Art Buzzer drücken muss, wonach entweder ein grünes Licht angeht und man weiter fahren darf, oder ein rotes und man wird gefilzt.
Ich war vorsichtig optimistisch.
Oh meine Fresse, hoffentlich nicht gefilzt werden! Unsere Koffer sind so perfekt gepackt!
Schon von weitem sahen wir die Grenze, da die Strasse ziemlich geradeaus durch eine weite Senke führt und die Grenze selbst auf der anderen Seite am oberen Ende liegt.
Wie aufregend!
Wir kamen näher. Und näher.
Fast schon unerwartet schnell waren wir da und fuhren unbehelligt am US-amerikanischen Grenzposten vorbei.
„Klar,“ dachten wir „was haben die Amerikaner für ein Interesse daran, Leute, die aus den USA kommend nach Mexiko wollen, zu kontrollieren?“ Das würden dann die Grenzer am mexikanischen Grenzposten machen.
Anders als wir das von Europa gewohnt sind, gibt es diesen zweiten Grenzposten hier nicht.
Es gibt nur einen, und wenn Dich dort keiner anhält, dann bist Du in Mexiko.
In unserem Fall ohne Ausreise- oder auch Einreisestempel im Reisepass, geschweige denn, irgendwelche Dokumente für unsere Mopeds.
Upsi!
Wir hielten auf einem Supermarktparkplatz an, schauten uns gegenseitig fragend und verwundert an.
Wir waren in Mexiko.
Illegal!
Der Parkplatz war riesig.
Wir überlegten hin und her, wie wir für uns und unsere Motos die notwendigen Stempel in die Pässe bekommen könnten.
Die beste Lösung schien zu sein, uns in den schier endlosen Stau in Richtung USA einzureihen, nochmal rüber zu fahren und, na ja, irgendwie würden wir das den Grenzern schon erklären…
Am anderen Ende des Parkplatzes sahen wir ein Polizeiauto stehen.
Polizei, dein Freund und Helfer, „Servir y Proteger“!
Ich gestikulierte, dass wir eine Frage hätten, bzw. ihre Hilfe bräuchten.
Tijuana ist kein besonders friedliches Pflaster, wurde uns gesagt.
Das weiß die Polizei auch und dementsprechend waren die Polizisten in jenem besagten Auto plötzlich alarmiert, denn sie dachten wohl, uns wäre was passiert.
Jedenfalls kamen sie mit quietschenden Reifen angeflogen und fragten, was los sei.
Nachdem wir unsere Situation geschildert hatten, kam die Frage: „Ihr seid Deutsche?“
„Ja.“
„Dann braucht ihr keine Einreisedokumente!“
Wir wussten es besser.
Und außerdem war es wichtig, dass wir nachweisen konnten, aus den USA ausgereist zu sein.
Also beschlossen wir zurück zu fahren.
Der Stau schlängelt sich entlang einer Reihe von Felsbrocken, die wie Begrenzungssteine alle paar Meter am rechten Straßenrand lagen.
Dahinter jede Menge an Souvenirverkäufern, die den Leuten noch was andrehen möchten bevor sie ins teure Amerika fahren.
Wir haben ein paarmal nein gesagt, und schnell merkten sie, dass mit uns kein Geschäft zu machen war.
Also winkte uns einer zu, wir sollten doch das kleine Sträßchen auf der anderen Seite der Felsbrocken nehmen um uns am Stau vorbei nach vorn zu schmuggeln.
Gute Idee!
Dieses Sträßchen führte uns in eine Art Hinterhof und direkt in die Arme von zwei Polizisten.
Ok, dachten wir, wir versuchen es halt nochmal und fragen die zwei, was wir denn in unserer Situation am besten machen sollten.
Unerwarteterweise (wir hatten erwartet, erneut zu hören, dass wir als Deutsche keine Einreiseformalitäten zu erledigen hätten, wie von den anderen Polizisten) waren diese Polizisten auf Anhieb sehr hilfsbereit und meinten: „Ok, ihr müsst dahin und dann dorthin und später dann in dieses Büro um dann mit dem Schreiben wieder dahin zu gehen…“
Ach du dickes Ei! Das klingt nach einer Odyssee!
Die Popos (nein, nicht Ärsche, Polizisten!) haben unsere Blicke wohl bemerkt und einer von ihnen meinte kurzerhand:“Lasst Eure Motorräder hier stehen und folgt mir, ich helfe euch.“
AAAAHA! Daher weht also der Wind, dachten wir.
Er geht mit uns irgendwo um die Ecke, während jemand anderes lustig Zeit hat unser Gepäck zu plündern oder gar die ganzen Motorräder zu klauen.
Wir wirkten offensichtlich so skeptisch, dass der Polizist uns versicherte, sein Kollege würde auf die Töffs gut aufpassen, worauf dieser fast schon filmreif an seine Dienstwaffe griff und dabei ein paar Zentimeter grösser zu werden schien.