3. Schweisskurs, Sin City und Zwergenwald

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Ein Ritt durch die Sierra Nevada der uns mit unseren Motos "zusammenschweißt"

Damit wir uns nicht jeden Tag im Whirlpool aufwärmen mussten, beschlossen wir weiterzureisen.

Südlich.

Leute, mit denen wir über unser Vorhaben gesprochen haben, meinten es wäre besser durch den Yosemite Park zurück und dann in den Süden zu fahren. Die Fahrt durch die Sierra Nevada ist doch viel zu heiß!

Egal, dachten wir, wir haben keinen Bock den ganzen langen Weg wieder zurück zu eiern.

Also aufsatteln und los!

Schon bald war die Kälte der Berge aus den Knochen und es wurde wohlig warm - und wärmer - und noch wärmer - es wurde heiß!!!

Endloser Highway vor uns, schnurgerade, so dass es einem vorkommt als gäbe es kein Ende. Auf der einen Seite die Berge, auf der anderen Savanne, oben die Sonne.

Nur ein kurzer Stopp für ein Foto...


Es ist schon ein ganz besonderes Gefühl, wenn der Schweißtropfen, der sich unterm Helm bildet seinen Weg unter der Motorradjacke den Rücken runter durch die Hose, im Schuh beendet und dort auf Seinesgleichen wartet um lustig bei jeder Bewegung des Fusses im Schuh hin und her zu schmatzen.

Der Fahrtwind bringt keine Abkühlung...

Das "schweißt" zusammen!

Unser Ziel war Visalia.

Hierzu mussten wir die Bergkette der Sierra Nevada am südlichen Ende umfahren und es war klar, dass das an einem Tag nicht zu schaffen war, also suchten wir nach einer Übernachtungsmöglichkeit.

Kurzer Blick auf die Karte, Ridgecrest schien geeignet.

Lag zwar nicht so ganz auf der Strecke, schien aber der einzige etwas grössere Ort zu sein, mit Supermarkt etc.

Wer mich auf den Fotos auf meinem Motorrad sitzend sieht, wird schon bemerkt haben, dass meine Beine recht kurz sind.

Das ist unter anderem ein Grund gewesen uns für die DR650 zu entscheiden, denn die kann von Werk aus um 3cm tiefer gelegt werden.

Trotzdem, Beine sind einfach zu kurz!

Wenn nur der Boden nicht so weit unten wäre...


Ok, das Gewicht des Gepäcks hat meine Dolores dann auch noch etwas nach unten gezwungen, was allerdings schlussendlich zu technischen Problemen geführt hat, darauf möchte ich aber an anderer Stelle näher eingehen.


In Ridgecrest angekommen suchten wir uns ein Motelzimmer, da wir ja nur einmal übernachten und dafür nicht das Zelt aufbauen wollten.

Hier hat der Schweißkurs erst mal Pause


Es war Nachmittag, heiß und wir waren hungrig.

Also, erst duschen und dann gleich nochmal rauf auf die Moppeds und - - - da hatte ich eine Idee!

Mein älterer Bruder hatte, als er (so etwa Ende der 1970er Jahre) sein erstes Motorrad hatte, dasselbe Problem mit der Beinlänge.

Einfache Lösung damals: Plateauschuhe!

Zu der Zeit sowieso in Mode, haben diese ihm echt geholfen.

Warum nicht dieselbe Lösung versuchen?

Ist mir wurscht, ob das doof aussieht, die 70er und 80er sind doch eh wieder in, oder?

Wir also in jeden Schuhladen rein den wir finden konnten, but no! Keine hohen Schuhe zu finden.

Dann essen wir halt was.

Supermarkt.
Ridgecrest ist eine Stadt irgendwo im Nirgendwo, aber dieser Markt verdient die Bezeichnung "Supermarkt".

Nicht, weil alles so super ist, sondern weil alles so enorm riesig ist und eine Auswahl angeboten wird, die ich mir hätte nicht träumen lassen.

Dennoch war es für uns nicht ganz einfach ein, nach deutscher Vorstellung, Vesper zu bekommen.

Tiefkühlpizza, Ready Mix für Kartoffelbrei aus der Mikrowelle oder Steaks in der Dimension eines halben Rindes (ok, ich übertreibe hier ein wenig) waren in unglaublicher Vielfalt erhältlich, aber nur mal eben 200g Frischwurst - nee, das gab's nicht.

Also haben wir gekauft, was erhältlich war: Ein Weißbrot, etwas Scheiblettenkäse, abgepackte Salami, einen fertig gemischten Salat und ein, zwei Pullen "Budweiser".

Ohne Mampf kein Kampf


Direkt gegenüber unseres Motels war ein Café, das zu dieser Tageszeit, es wurde schon langsam dunkel, geschlossen war und dieses hatte ein paar fest montierte Tische und Stühle draußen.

Hier haben wir's uns gemütlich gemacht und uns für den kommenden Tag gestärkt.

So, jetzt sind wir satt... und müde!


Geschlafen haben wir in dieser Nacht wie tot.


Das besagte Cafe gegenüber hatte geöffnet als wir am nächsten Morgen auf der Suche nach Kaffee waren.

Die Ausstattung typisch amerikanisch, so, wie man es aus den Filmen kennt, und ebenso typisch waren die Gäste.

Durchweg nette Menschen wenn man sich mit ihnen unterhielt, aber hätte man sie in Deutschland morgens in einem Cafe angetroffen hätte man gedacht: Wow, was sind das für Freaks!?!

Nach ein paar Tassen "Kaffee" (*kicher*), der übrigens wirklich ständig nachgefüllt wird, ging's dann wieder auf die Kisten und auf die Piste.

Das einzige Foto auf der Strecke zwischen Ridgecrest und Visalia


Etwa 4 Stunden Fahrt liegen zwischen Ridgecrest und Visalia. Nichts besonders Aufregendes zu berichten (ausser dass es, wie am Vortag schon, heiss war). Einen kleinen Stopp hatten wir eingelegt, ansonsten wollten wir einfach nur - 

 - ankommen.

In Visalia.

Zitat Wikipedia (ja, hier mache ich es mir mal einfach):

"Visalia ist eine Stadt im Tulare County im US-Bundesstaat Kalifornien mit 123.670 Einwohnern.
Im zentralen Längstal Kaliforniens, dem San Joaquin Valley, ist es nach Einwohnern die fünftgrößte Stadt. Die Stadt liegt 370 km südöstlich von San Francisco und 310 km nördlich von Los Angeles"

Zitat Ende

Hier fanden wir einen Campingplatz am Rande der Stadt.

Ich glaube, ich muss nicht erwähnen, dass dieser, wie schlichtweg alles in den USA, riesig ist.

Auf den Bildern könnt Ihr unseren Zeltplatz sehen, auf dem lustig ein 40 Tonner Platz gehabt hätte (oder auch zwei).

Da musste man schon aufpassen, dass man abends nicht betrunken "heim"kommt und das Zelt nicht findet (natürlich ist uns das nicht passiert).

Ein halber Fußballplatz nur für unser kleines Zelt

... na wo ist denn nun das Zelt?


Hier wollten wir etwas länger bleiben und uns von der anstrengenden Fahrt ausruhen.

Hierfür war es denn auch der perfekte Ort.

Wir bekamen vom Campingplatz einen Kugelgrill gestellt, es gab einen großen Swimmingpool und eine Art Gemeinschaftsgebäude mit Billardtisch etc..


Zwei Ziele wollten wir von hier aus ansteuern: Den Sequoia Park mit seinen unvorstellbar riesigen Mammutbäumen und -

LAS VEGAS

Den Park besuchten wir selbstverständlich mit den Motorrädern, nach Vegas haben wir einen Flug gebucht. Nach der Fahrt durch die Sierra Nevada wollten wir nicht auch noch den "heißesten und einsamsten Highway" auf uns nehmen.

Vegas stand zuerst auf dem Plan.

Dank unserem "Zappelkistchen" (so nannten wir unser Netbook, das uns während der gesamten Reise gute Dienste geleistet hat) konnten wir online Flüge und Übernachtungen (im "Flamingo", direkt am Strip) buchen.

Pizza vom Grill

Ein Becherchen Wein dazu

Da ist jemand glücklich



Was aber machen wir mit den Moppeds und dem Gepäck solange?

Da haben die Amis ja die sogenannten Storages dafür, und so etwas würden wir bestimmt in Flughafennähe finden.

Fresno liegt ca. eine Stunde (45 Meilen) nordwestlich von Visalia.

Dort angekommen haben wir dann auch so ein Storage (das wir natürlich vorher online schon ausgespäht hatten) gefunden und am Eingangstor geklingelt.

Ein älterer Herr kam an und fragte wie er uns helfen könne. Wir erklärten unseren Plan.

Eigentlich vermieten sie nur monatsweise, antwortete er. Aber bei dem Abenteuer (wir haben ihm natürlich von unserer Reise und deren Ziel erzählt), das wir vorhaben, macht er eine Ausnahme.

Er hat uns ins Büro gebeten, wo auch seine Frau anwesend war (die Beiden waren bereits in ihren 80ern), die uns sogleich einen "friendship cake" angeboten hat.

Wow, wie nett!

Auszeit für die Ente und die Dolores

Ist ja nur für drei Nächte


Auf der Fahrt dorthin hatte Conny, die hinter mir fuhr, etwas aus einer meiner Jackentaschen fallen sehen, dachte sie jedenfalls.

An der nächsten Ampel wies sie mich darauf hin, ich kontrollierte alle Reißverschlüsse: Alles fest verschlossen, da ist nix rausgefallen.

Am Flughafen, wo wir zuerst hingefahren sind, um das Gepäck (eine Sporttasche p.P.) einzuchecken, kam dann die Überraschung:

Da ich nicht zu sehr in technische Details gehen möchte, hier nur ganz einfach erklärt: Am Rahmen des Motorrads ist eine kugelgelagerte Rolle befestigt, die dafür sorgen soll dass bei eventuellen Sprüngen (!) die Kette nicht gegen das Motorgehäuse schlägt.

Wann würde ich schon mit meinem Motorrad springen?

Durch das Tieferlegen und das hohe Gewicht des Gepäcks  (ich war damals auch noch ein paar Pfund schwerer als heute) lief die Kette jedoch permanent unter hohem Druck über die besagte Rolle und hat diese kurzerhand mitsamt der Halterung aus dem Rahmen gerissen.

Na, das ließ mich bestimmt ruhig schlafen die drei Nächte in Vegas...


Las Vegas - Sin City


Jeder kennt es aus dem Fernsehen, mancher war wahrscheinlich auch schon dort.

Für uns war es überwältigend.

Ankunft am Flughafen


Das Witzige aber war, dass wir, obwohl Vegas in der Wüste liegt, oft gefroren haben. Egal wo man auch hingeht, alles ist so dermaßen runtergekühlt dass man sich echt eine Jacke drüberziehen möchte.

Und an jeder Ecke trifft man Elvis.

Was mein Glück im Spiel betrifft: Ich habe Glück in der Liebe (und unser Limit lag bei 100 Euronen, die eh nach kurzer Zeit wie in einem schwarzen Loch verschwunden waren)...

Jackpot!

Hier gab's leider keinen Jackpot...

Also, drei Tage mit offenem Mund das "Grösser,Höher,Weiter" bestaunt...

Ich bin geblendet

Macht mich doch gleich ein wenig grösser, nicht?

Vegas eben...

Und ich dachte die stehen immer auf nur einem Bein...

Paris? Nein! Immer noch Las Vegas


 ...und wieder zurück nach Fresno geflogen.


Dort angekommen haben wir unsere Motos im Storage wieder abgeholt und uns bei dem netten alten Paar verabschiedet.

Nun sollte Dolores aber repariert werden.

Also, Telefonbuch auf und nach kurzer Suche fanden wir eine Anzeige mit dem Bild eines Endurobikes, die vollmundig behauptete:

"WE FIX ALL MOTORCYCLES!"

Genau das was wir nun brauchten!

Adresse abgeschrieben, auf's Mopped und los ging die Suche.

Relativ schnell hatten wir zwar die Adresse gefunden, aber außer einer scheinbar verlassenen Werkshalle schien dort nichts zu sein.

Zumindest nicht das, was man als Werkstatt hätte erkennen können.

Da öffnete sich eine unscheinbare Tür, ein junger Kerl im Arbeitsanzug kam raus, sah uns und fragte ob er uns helfen könne.

Wir haben ihm unser Problem geschildert und nebenbei auch erzählt woher wir sind und wohin wir wollen.

Er meinte: "Wieviel Zeit gibst du mir?"

Ich so: "Na ja, wir sind auf Reise und wollen so schnell wie möglich weiter."

Er daraufhin zu seinem Kollegen: "Hey, mach mal die Bühne frei und schmeiß die Dolores drauf."

Nach etwa einer Stunde war die Gute wieder fit, allerdings mit einem Haken: Die werkseitige Tieferlegung musste rückgängig gemacht werden um weiteren Schaden zu verhindern.

Kosten für die "OP": $60 US

Zurück in Visalia richteten wir uns wieder auf demselben Campingplatz häuslich ein, es gab Steak vom Grill oder auch mal wieder Pizza...

Lecker Steak vom Grill, Salat und Wein dazu. Was braucht man mehr?


Sequoia Park


Die Überlegung war, unser Zelt mitzunehmen um im Park zu übernachten. So richtig in der Wildnis.

Wir haben uns dagegen entschieden, da es ja eigentlich in der entgegengesetzten Richtung lag, in die wir danach weiterziehen wollten.

Also ohne die Last des Gepäcks auf die Töffs und los! Ein weiteres Mal in die Berge.


Der Park selbst erstreckt sich auf einer Höhe zwischen 400 und über 4000m.

Ganz so hoch sollte es für uns zwar nicht gehen, der Eingang für Touristen liegt bei etwa 1300m, dennoch nicht gerade wenig.

Die Fahrt dorthin schlängelt sich in Serpentinen auf einer gut ausgebauten Strasse nach oben, das Wetter war perfekt.

Bis auf eine Baustelle, die uns zum Warten im Stau verdonnerte, war die Fahrt sehr angenehm.

Geduld war hier gefragt!


Am Parkplatz angekommen hörten wir dumpfes Grollen aus der Ferne und ich machte noch den Scherz:

 "Das war bestimmt nur ein Bärenfurz!"

Das Gewitter wird schon vorbeiziehen, dachten wir optimistisch.

Gerade als wir unsere Motorräder abgestellt hatten, noch die Klamotten etwas arrangiert, fiel mir ein Paar auf der anderen Seite des Parkplatzes auf, das immer wieder zu uns rüber schaute.

Ok, mit deutschem Kennzeichen fällt man eben auf, dachte ich. Bis die Zwei uns ansprachen und auf deutsch fragten: "Kommt ihr aus Göppingen?"

Mit Blick zu meinem Nummernschild: "GP", sagte ich "Ja, und Ihr, woher seid Ihr, offensichtlich auch aus Deutschland?!?"

"Mir send aus Donzdorf" war die Antwort auf breitestem Schwäbisch.

Donzdorf liegt keine 20 km von Göppingen entfernt. Kleine Welt eben...


Was wir im Park so zu sehen bekommen haben, könnt Ihr Euch auf den Fotos anschauen. Ich glaube es ist nicht notwendig zu sagen wie beeindruckend hier alles war!  Wir haben uns gefühlt wie Zwerge im Märchenwald...

Liebling ich habe die Kinder geschrumpft

A bissl klein isser ja schon

Der "Weihnachtsbaum" der Nation

Unfassbar riesig


Während unseres Besuchs im Park wurde das Wetter immer düsterer und es tröpfelte gelegentlich.

Zum Glück, dachten wir, haben wir uns gegen die Übernachtung hier im Zelt entschieden.

Also lass' uns wieder zurückfahren!

Am Parkplatz angekommen fing es schon leicht an zu regnen.
Wird schon nicht so schlimm werden, dachte ich.

Denkste!!!

Kurz nachdem wir losgefahren waren begann es so furchtbar zu gewittern, dass wir die Hand nicht vor den Augen sehen konnten.

Aufgrund der Höhe in der wir uns befanden hatten wir das Gefühl, mitten durch die Gewitterwolken mit all den Blitzen und dem heftigen Donnergrollen hindurch zu fahren.

Es goss wie aus Eimern.

Anhalten war keine Lösung. Wer weiß wie lange das so weiter gehen würde?!?

Also: Augen zu und durch!

Nach einer gefühlten Ewigkeit, das Wasser schwappte bei jedem Schaltvorgang in den Schuhen hin und her (das kannten wir bisher nur mit Schweiß) kam endlich ein Wegweiser nach Visalia und es sollte nach unten ins Tal gehen.

Der Regen ließ bald darauf nach, hörte dann ganz auf und die Abfahrt sollte eine der schönsten, kurvenreichsten Fahrten "ever" werden.

Diese Abfahrt hat selbst Conny, die sonst eigentlich eher vorsichtig, wenn nicht gar zögerlich fuhr, zur Rennfahrerin werden lassen.

Ich hatte Riesenspass daran, ihr zu folgen.

Als wir im Tal ankamen waren wir fast schon wieder trocken. Was für ein Abenteuer!

Für ein paar Tage haben wir noch die Ruhe auf dem Campingplatz und das Stadtleben von Visalia genossen, bevor wir das Zelt abbrachen um unser nächstes Ziel anzusteuern:

Endlich ans Meer!

Kieselsteinchen ...


Seid Ihr schon gespannt auf die kommende Etappe?


Na dann bis bald und gute Zeit!

Euer "Sonne-im-Visier Team" 


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