13. La Paz – Elote, Uñas und Fajitas

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"Sie baden gerade Ihre Hände darin..."

Eingepackt in unser schwarzes GoreTex Gewand und angesichts der doch recht unbequemen Sitzbänke unserer Moppeds haben wir uns auf Tagesstrecken von etwa 300km eingependelt.

Heute sollten es 360km werden um den Frieden, La Paz, zu erreichen.

Fast schon am südlichen Ende der Baja gelegen ist La Paz mit ca. 180.000 Einwohnern wohl die letzte große Stadt, die wir besuchen, bevor es mit der Fähre auf's Festland gehen soll.

Bis dahin dauert es aber noch...

Angekommen in der Stadt suchten wir das Hotel auf, das Conny im Vorfeld im Reiseführer "ausgespäht" hatte: Günstig und zentral, hieß es dort.

Beides traf zu.

Hotel "La Purisima" in La Paz


Wann immer ich an La Paz denke, denke ich an "grün".

Nicht etwa wegen der Vegetation, sondern weil unser Hotelzimmer innen grün gestrichen war.

Kein besonders schönes grün...

Und es war im dritten Stock, zu dem kein Aufzug hochfuhr und wir unsere Koffer und Gepäckrollen also über die enge Treppe hochschleppen mussten - na ja, günstig eben.

"Um das Geld ist es gut" ist so ein running gag zwischen uns beiden.

Die Moppeds durften dann auch gut bewacht und überdacht auf dem hoteleigenen Parkplatz verweilen.

Conny's Ente muss wohl etwas eifersüchtig auf die Dolores geworden sein, da die ja meistens unsere ganze Aufmerksamkeit genoss, zumindest an jedem zweiten Stopp... .

Schon im Hotel in Mulegé fiel uns auf, dass die Ente irgendwo Sprit verlor. Nicht viel, wir konnten auch nicht feststellen wo die Undichtigkeit war.
Wir würden sie hier in La Paz in eine Werkstatt bringen.

Doch zunächst mal sehen was die Stadt an sich so zu bieten hat.

Ein bunter Mix aus vielen Nationen ist hier anzutreffen.

Der Lonely Planet spricht gar vom "kosmopolitischen La Paz mit einer Mischung aus gediegener Schönheit der alten Welt und trendig-teurer Extravaganz".

Tatsächlich gibt es von alldem etwas.

Schönheit


Als wir so am Schlendern waren kamen wir an einer Art Möbelhaus-Supermarkt-Mischung vorbei.

Conny wollte reinschauen, mir war nicht danach.
Also wartete ich draußen und - Hey, Leute gucken macht Spaß! - beobachtete die Szenerie um mich herum.

Ein Karren, ähnlich denen mit dem Obst in Ensenada, geschoben von einem etwas älteren, hageren Mann, kam um die Ecke.

"Elote, Elote" rief er aus vollem Hals.

Ich hatte keine Ahnung was dieses "Elote" sein könnte, also schaute ich gespannt zu, was die Leute (und einige strömten hin) denn bekommen würden.

Ah! Maiskolben aus einem dampfenden Kessel, der auf dem Karren stand, wurden auf Holzspieße gesteckt, gesalzen und, je nach Wunsch mit Butter, scharfer Soße oder Sauerrahm bestrichen dem Kunden in die Hand gedrückt.

Ein paar Pesos wechselten den Besitzer und beide Parteien waren offensichtlich glücklich.

Ein paar Ecken weiter befand sich ein Markt, der jede Menge an Waren feil bot.

Conny's Aufmerksamkeit wurde jedoch von einem kleinen Laden nebenan geweckt.

Es roch stark nach Lösemittel.

Ein Blick ins Innere verriet auch weshalb:

"Uñas acrilicas" wurden hier angeboten. Künstliche Fingernägel aus Acryl.

Conny hatte damals noch künstliche Nägel und die letzte "Auffrischung" bekam sie in Long Beach in einem der vielen asiatischen "Beauty Salons".

Sie vereinbarte einen Termin.


Etwas außerhalb der Stadt war eine Werkstatt, die einen guten Eindruck machte. Motorräder, Quads und Scooter standen vor der Tür.

Nach einem kurzen Gespräch mit dem Mechaniker vereinbarten wir auch hier einen Termin - diesmal für die Ente .


Ich bin kein erfahrener Angler, aber wie schon in Loreto bekam ich auch hier Lust es mal auszuprobieren.

Fehlte nur eins - eine Angel!

In einem Shop in der Nähe der Motorradwerkstatt wurde ich fündig.

Sicher könnt Ihr Euch vorstellen, dass es hinderlich gewesen wäre, mit einer 2 Meter langen Angelrute im Gepäck Motorrad zu fahren.

Umso glücklicher war ich, zu einem günstigen Preis eine, wenn auch kleine, Teleskopangel zu finden.

Der Verkäufer versicherte mir, dass diese entgegen meiner Vermutung, kein Kinderspielzeug wäre, die Spule sei sogar ein hochwertiges Qualitätsprodukt.

Google konnte mir dies bei späterer Recherche bestätigen.

Ich war nun Angler.

Der Steg lädt zum Angeln ein


Morgens sind wir meistens zur Strandpromenade, an der die Durchfahrtsstraße entlang führt, und haben uns in die "Cafe Bar KM-0" gesetzt um zum einen guten Kaffee zu trinken und zum anderen das freie W-LAN zu nutzen.

Eines morgens, wir sitzen draußen bei einer Tasse Kaffee und schreiben am Reisetagebuch, fährt eine fast neue DR 125 mit US-Kennzeichen aus Oregon vor und parkt direkt neben uns am Straßenrand. Der Fahrer steigt ab, nimmt seinen Helm ab, schaut sich nach einem freien Tisch um.

Alle Tische besetzt.

"Möchtest Du Dich zu uns setzen?" fragten wir auf englisch.

"Gerne" antwortete er und setzte sich.

Er war US-Amerikaner und erzählte uns, dass er mit einem riesigen Wohnmobil, so groß, dass er damit nicht in die Stadt fahren konnte und das momentan auf einem Campingplatz steht, unterwegs sei um einen neuen Platz zum Leben zu finden.

Wir hatten etwas gemeinsam.

Die DR, fast neu. So haben unsere auch mal ausgesehen.


Entlang der Strasse gab es, nebst dem besagten Cafe, einige Restaurants und andere Läden.

Auf dem breiten Gehweg davor waren Bäume gepflanzt, das Ganze wirkte, wenn man von der Strasse mal absah, fast schon idyllisch.

Die Strasse hatte dennoch ihre Vorteile: Leute gucken macht Spaß!

Wusstet Ihr eigentlich, dass es in Ländern wie Belize oder Trinidad&Tobago hierfür einen eigenen Ausdruck gibt? Auf dem Dorfplatz sitzen, Leute gucken und, na ja ich würde es mal als "freundliches Lästern" bezeichnen, nennt man dort "LIMING"...

Ein Restaurant hatte Tische und Stühle auf dem Gehweg aufgestellt. Diese waren so gut wie immer voll besetzt.

Drinnen gab es noch Plätze und sogar im ersten Stock hätte man sitzen können. Aber wir wollten unbedingt an der Strasse sitzen und warteten bis ein Tisch frei wurde.

Ein Blick in die Speisekarte, die Wahl des Abendessens fiel mir nicht schwer.

Fajitas hatte ich vor Jahren in Deutschland bei "Archie's" in Göppingen kennen und lieben gelernt.

In Streifen geschnittenes, scharf angebratenes Fleisch mit Paprika und Zwiebeln. Dazu, separat in einem speziellen Behälter serviert, Tortillas.
Yummy! Da hatte ich jetzt Lust drauf.

Leute, solltet Ihr je nach La Paz kommen, sucht das "Asadero Rancho Viejo" auf und esst:

FAJITAS!

Auf einer gusseisernen, fast glühend heißen Platte, die auf einem passenden Holzbrettchen mit Griffen stand, brachte mir die Bedienung meine Fajitas, vor Hitze noch brutzelnd ("sizzling hot" finde ich hier treffender) und der Duft von den Gewürzen ... Ein Traum.


Ein Alptraum!

Wie sich herausstellte, hatte die Ente...

Doch halt! Conny's "Nageltermin" kommt ja noch vorher.

Zum vereinbarten Zeitpunkt schlugen wir in der Acetonhöhle auf (alle Türen und Fenster waren weit geöffnet, trotzdem...). Conny musste nicht lange warten bis sie dran kam.

Ich hab mir solange ein wenig die Beine vertreten.

Nun, als Mann kenne ich mich mit künstlichen Fingernägeln nicht besonders gut aus. Ich erinnere mich, dass Conny des öfteren von der Qualität der Nägel gesprochen hatte, die sie in Long Beach verpasst bekommen hatte: "Wenn die nicht rauswachsen würden, würden sie ewig halten" sagte sie, begeistert und verwundert zugleich.

Das bemerkte die hiesige Nagelfee (so nennt Conny die Mädels für gewöhnlich) dann auch. Conny erzählte mir, dass, um die alten Dinger runter zu bekommen sie die Finger ewig lange in Aceton ("sie baden gerade Ihre Hände darin" Kennt Ihr den noch?) tauchen musste...


Nun aber zur Ente und ihren Eskapaden:

Der Mechanikus fand - einen Riss im Tank!

Nicht schön! Vor allem wenn man bedenkt was die Dinger gekostet haben.

Ob und wie er es reparieren könne, fragten wir ihn, worauf er ganz selbstbewusst nickte: "No hay problema", er würde es mit irgendeiner Zwei-Komponenten-Paste verschließen.

Ok, leg los! Wir kommen dann morgen wieder.

Die Ente ist ja pflegeleicht.

Irgendetwas führte noch zu Unstimmigkeiten mit der Werkstatt, ich erinnere mich nicht mehr genau daran was das war. Schlussendlich aber war die Ente wieder dicht und das war das Wichtigste.

Und ich hatte eine Angel!


Von La Paz aus gibt es Fährverbindungen zum Festland.

Eine geht nach Mazatlán, Fahrzeit zwischen 12 und 14 Stunden.

Eine andere fährt in 6 bis 7 Stunden den kürzeren Weg zum Festland, nach Topolobampo (ja, so hatte ich auch geschaut als ich diesen Ortsnamen das erste mal auszusprechen versuchte).

Da unser nächstes Ziel Mazatlán war, entschieden wir die Fähre dorthin zu nehmen. Mit Kabine in der wir die Fahrt mehr oder weniger "verschlafen" würden.

Um in Erfahrung zu bringen, wie man zum Fährhafen kommt haben wir vorab schon mal einen Kurztrip dorthin gemacht.

LKW Stau am Fährhafen


Ganz in der Nähe des Hafens, in einer großen Bucht gibt es einen breiten Strand mit großem Parkplatz davor. 

Wenn wir schon mal hier sind...


Es war windig und nicht viel los, als wir den Strand entlang spazierten. Weit draußen ein einsamer Kitesurfer.


Ah, daher weht der sprichwörtliche Wind. Ein Windsurfer- und Kiterparadies!

Perfekte Bedingungen.


Wir genossen den Anblick noch eine ganze Weile, bevor wir wieder zurück in die Stadt fuhren, um uns ein Restaurant für's Abendessen zu suchen.

Auf dem Rückweg fiel uns noch ein Schild auf, das auf einen weiteren Strand hinwies. Einsam in einer etwas kleineren Bucht gelegen, von kargen Bergen umzingelt, das Wasser schien kaum tiefer als einen Meter zu sein, mit ein paar Sonnenschirmen aus Palmblättern lud dieser Strand zum Verweilen ein...

Keine Menschenseele weit und breit.

Eine einsame Bucht auf dem Rückweg...

... scheint ein Geheimtipp zu sein



Die Überfahrt mit der Fähre musste noch warten. Bis Weihnachten, also noch knappe drei Wochen.

Schließlich wollten wir noch bis ganz runter, an den letzten Zipfel der Baja fahren.

Cabo San Lucas mit dem berühmten "El Arco" war nicht unbedingt das was wir suchten.

Wir fanden stattdessen etwas viel, viel schöneres.


Technik: Ganz und gar ohne geht's einfach nicht.

Wie ich in einem der vorangegangenen Berichte erwähnt hatte, war die Dolores zuerst tiefer gelegt, wurde dann aber wieder in den Originalzustand zurück gebaut.

Beine zu kurz, damit musste ich nun mal leben.

Was wir aber bei all der Vorbereitung, die wir in Deutschland gemacht und geplant hatten, nicht bedachten, war die Tatsache, dass die werkseitige Original-Federung evtl. für unser Vorhaben zu weich sein könnte.

Und das war sie einfach.

Ganz speziell in den "Deviaciones" im Tiefsand, aber auch auf Buckelpiste fühlte es sich an wie auf Eiern, selbst auf geteerten Strassen war voll beladen an Kurvenspaß nicht zu denken.

Eine Lösung musste her.

Doch hier einen Satz härterer Federn speziell für unsere Bikes zu finden - utopisch.

Internetrecherche folgte.

Schnell war klar, es gibt jemanden da draußen, der prädestiniert war uns zu helfen.

Ein persönliches Gespräch via Skype mit Stefan Hessler von "Hessler-Motorsport", für mich DER DR Spezialist schlechthin, versprach schnelle, kompetente Hilfe.

Stefan wollte uns nicht nur mal schnell irgendwas verkaufen.

Angepasst an Körpergewicht und dem Gewicht des Gepäcks etc. stellte er uns daraufhin je einen individuellen Satz Federn zusammen.

"Wo soll ich sie hinschicken?" fragte er.

Es gibt eine DHL Filiale in La Paz, was für ein Zufall.

Das Geld war hoffentlich gut investiert, dachten wir, denn billig, könnt Ihr Euch sicher denken, war der Spaß (inklusive Transport) nicht!

Und es würde dauern, bis die Lieferung ankäme.

Ein bis zwei Wochen mindestens.

Wir hatten noch Luft in den 180 Tagen, die wir in Mexiko bleiben durften...

Also, worauf warten? Aufsatteln, weiter geht's!

Die Mulis mal wieder vollpacken...


Mal wieder durch die Wüste - zum "Hotel California" und zu weiteren Begegnungen.

Diesmal mit einem Pulpo und - Ballenas...


Na, hab ich Euch mal wieder etwas von Corona ablenken können? Ich hoffe doch!

Wir treffen uns wieder, im "Pueblo Magico".



Bis dann, ich wünsche Euch allen: "La Paz", den Frieden...


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