44. Inselleben

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...das ist wie Rad fahren


Am liebsten wären wir gleich hier am Strand geblieben, aber wir waren auch gespannt, wie unser Zimmer aussehen würde, das wir für die kommenden sieben Nächte unser Eigen nennen durften.

Nachdem wir unser Gepäck aus der Rezeption geholt hatten, ließen wir uns von der jungen Dame den Weg zeigen.

Etwas ungewohnt für ein Hotel ging es hinter dem kleinen Häuschen vorbei durch üppiges Gruen zu einer Treppe, die in den ersten Stock des Gebäudes führte.

Mitten im Ort und doch kamen wir uns vor wie im Dschungel.

Über eine Veranda kamen wir in unser Zimmer: Hell, sehr geschmackvoll eingerichtet und vor allem - sauber.

Von der Größe ganz zu schweigen: Obwohl in dem Zimmer zwei Queensize Betten standen hätte man noch bequem darin tanzen können.

So ganz anders, als wir es größtenteils gewohnt waren.

West End

Bei einem ersten Spaziergang durch den Ort, der eigentlich nur aus einer sandigen Strasse bestand, die die Häuser vom Meer trennte, hielten wir schon mal Ausschau nach Tauchshops.

Das war nicht schwer, denn West End schien hauptsächlich aus Restaurants, Bars, Souvenirshops, Hotels und - Tauchshops zu bestehen.

In den einen oder anderen sind wir dann auch gleich reingeschnipst um schon mal die Fühler auszustrecken, wo wir uns am wohlsten fühlen und dementsprechend diesen auswählen würden.

Nach kurzer Suche war auch schon eine Tauchbasis unser Favorit.

Bei den ‚Reef Gliders‘ hatten wir ein super gutes Gefühl und buchten sogleich für den nächsten Tag.

Auf dem Rückweg zum Hotel, keine hundert Meter davon entfernt, eine Strandbar.

Das ‚Sundowner‘s‘ bot Liegestühle unter Palmen, ein Lagerfeuer am Strand wurde gerade vorbereitet, Öllämpchen wurden angezündet, die Sonne war kurz davor unterzugehen.

Mit einem Drink in der Hand legten wir uns auf zwei der Liegestühle und konnten von hier aus einen fantastischen Sonnenuntergang beobachten.

Wir unterhielten uns über den nächsten Tag, über das Tauchpaket, das wir bei den Reef Gliders gebucht hatten.

Ich war nach wie vor skeptisch, da wir ja bereits zweimal von Tauchgängen in der Karibik eher enttäuscht waren.

Hoffentlich würde das hier nicht der Fall sein, denn wir hatten vor, gleich sechs Tauchgänge zu unternehmen.

Unser letzter Tauchgang lag zu diesem Zeitpunkt schon zwei Jahre zurück, dementsprechend war zumindest ich ein wenig aufgeregt, ob ich noch alles auf die Reihe bekommen würde.

„Ach, das wird schon wieder kommen, das ist wie Rad fahren…“ beruhigte mich Conny.

Der Cocktail in meiner Hand erledigte den Rest.

Abgetaucht


Am kommenden Morgen standen wir schon viel zu früh vor der Tauchbasis.

Strahlender Sonnenschein.

Barbara, die Besitzerin, bat uns herein und meinte es wäre gut, dass wir so früh da wären, dann hätten wir genügend Zeit unser Equipment auszusuchen.

Neoprenanzüge, Bleigürtel, Tauchjackets und Flossen wollten anprobiert sein.

Ein großer Typ kam herein, sympathisch grinsend und irgendwie, ohne viel zu tun, gute Laune versprühend.

„Das ist Mickey, er wird Euer Tauchguide sein“ stellte Barb uns den Mann vor, der in Hemd, Surfshorts und barfuß vor uns stand und - strahlte.

Mickey begann das große Whiteboard zu studieren, auf dem der Tauchplan für die gesamte Woche erfasst war: Welcher Taucher mit welchem Guide auf welchem Boot mit welchem Captain an welchem Tag zu welcher Uhrzeit an welchen Tauchspot geht.

Außer uns wären nur noch zwei weitere Personen an Bord, ließ er uns wissen.

„Mickey,“ machte ich ihn auf mich aufmerksam, „unser letzter Tauchgang ist nun schon ziemlich genau zwei Jahre her, vielleicht sollten wir erstmal einen einfachen Tauchgang planen und, wahrscheinlich musst Du uns mit dem Aufrüsten von Lungenautomat, Atemluftflasche und Jacket ein wenig unter die Arme greifen.“

„Da macht Euch mal keine Sorgen, der erste Tauchgang wird an einem sehr flachen Tauchspot sein und Euer Equipment rüsten wir sowieso komplett für Euch auf“ antwortete er mit einem kurzen Blick zum Whiteboard um zu checken, welcher Tauchspot eingeplant war.

Ich war beruhigt.

Und doch aufgeregt.

Tauchen ist - na, wie soll ich mich ausdrücken?

G E I L !

Selbst wenn die Unterwasserlandschaft nicht so schön wäre, wie bei den anderen Malen in der Karibik, man hat immer noch das Gefühl zu schweben.

Einfach irgendwo 15m unter der Wasseroberfläche sich auf den Rücken zu drehen und so zu verweilen, die Fische um einen herum, oben das Boot und die Sonne, das ist ein unbeschreibliches Gefühl.

Ein Gefühl von Schwerelosigkeit.

Die anderen Taucher waren auch schon da, es konnte also losgehen.

Anders als wir das gewohnt waren, war das gesamte Equipment bereits von der Crew ins Boot geschleppt worden, wir mussten also einfach nur über den Steg und einsteigen.

Nicht einmal zehn Minuten waren wir mit dem Boot unterwegs gewesen als der Captain dieses an einer Boje festmachte.

Wieder etwas Neues für uns.

Alle Tauchspots, die wir bisher angefahren hatten lagen weit außerhalb, teilweise mussten wir bis zu anderthalb Stunden rausfahren.

Mickey gab uns allen ein kurzes Briefing bezüglich der Tiefe, der Strömung und allem was eben noch so dazu gehört.

Wir bekamen Hilfe von ihm und dem Captain beim Anlegen des bereits mit der Pressluftflasche versehenen Tauchjackets, einer nach dem anderen setzte sich auf den Bootsrand um sich dann rücklings einfach ins Wasser fallen zu lassen.

Die Tauchjackets sind mit Luft befüllt, so dass man nicht gleich untergeht.

Nachdem alle im Wasser waren zeigte uns Mickey fragend das Zeichen für OK, schaute dabei einen nach dem anderen an und, als er von jedem eine positive Antwort bekommen hatte gab er das Zeichen zum Abtauchen.

Per Ventil lässt man nun die Luft aus dem Jacket ab und das Gewicht des Bleigürtels zieht einen in die Tiefe.

Bei der gewünschten Tiefe wird gerade so viel Luft wieder per Knopfdruck ins Jacket gepumpt bis man sich auf einer Tiefe ‚austariert‘ hat.

Wieder das fragende ‚OK‘-Zeichen von Mickey und als alle geantwortet hatten konnte es losgehen.

Meine Sorgen waren komplett verflogen, keinerlei Unsicherheit war zu spüren.

Ich konnte die Unterwasserwelt genießen.

Die Atmung ging gewohnt langsam, also sollte die Luft in der Flasche eine gute Weile reichen.

Waren wir wirklich in der selben Karibik wie damals in Belize oder in Trinidad&Tobago?

Das konnte ich kaum glauben.

Alles war bunt, Fischschwärme schwammen um uns herum und die Sicht war phänomenal.

Immer wieder drehte sich Mickey zu uns um, fragte ob alles ok wäre und in regelmäßigen Abständen fragte er den Druck unserer Atemluftflaschen ab.

Bunte Korallen hier, bunte Fische da, das würde ein toller Tauchgang werden.

Mickey deutete uns an, dass wir nun zum ‚Deko-Stopp‘ auf fünf Meter Tiefe aufsteigen würden.

Etwas verwundert folgte ich der Gruppe.

Ein Blick auf meinen ‚Finimeter‘, also die Druckanzeige der Atemluftflasche, ließ nicht gerade vermuten, dass der Tauchgang schon zu Ende wäre.

Uhr hatte ich keine bei mir, also wusste ich nicht, wie lange wir schon unter Wasser gewesen waren.

Nachdem sich alle für drei Minuten auf fünf Metern aufgehalten hatten gab Mickey das Zeichen zum Auftauchen.

Wieder wird so viel Luft ins Jacket gepumpt, bis man durch die Wasseroberfläche ploppt und einfach so, ohne schwimmen zu müssen dahintreibt.

Je nach Strömung muss man natürlich schon aufpassen, dass man nicht abtreibt, aber ein paar Flossenschläge und ich war an der Leiter, die vom Boot heruntergelassen war.

Noch im Wasser zog einer nach dem anderen sein Jacket aus, gab es dem Captain, der es im Boot verstaute.

Dasselbe dann mit den Flossen und dann ging‘s zurück auf‘s Boot.

Kaum waren alle an Bord, gab der Captain kräftig Gas und brachte uns, auch wieder was Neues für uns, zurück zur Tauchbasis.

Was für ein Luxus.

Während der Fahrt bereits fragte ich Mickey verwundert, wie lange der Tauchgang denn gewesen wäre. „55 Minuten“ war seine Antwort nach einem kurzen Blick auf seinen Tauchcomputer am Handgelenk.

55 Minuten?

Mir kam das vor wie höchstens zwanzig!

Und sowohl ich als auch Conny hatten gerade mal etwas mehr als die Hälfte der Atemluft verbraucht.

Als das Boot am Anleger festmachte wollten wir eigentlich schon, wie wir es gewohnt waren, unser Equipment nehmen und zur Basis tragen.

„Lasst mal, das machen wir für Euch! Geht Ihr ruhig schon voraus.“ sagte Mickey daraufhin mit dem für ihn so typischen Grinsen.

Die ‚Reef Gliders‘ teilten sich das Gebäude mit Joe, der dort eine Bar betrieb, das ‚C-Level‘.

Nachdem wir uns abgeduscht hatten bestellten wir etwas zu trinken und versammelten uns alle um einen großen Tisch, der auf einer Art Veranda stand.

Mit Meerblick, versteht sich.

Wir holten unser Logbücher heraus und begannen aufzuschreiben, was wir alles bei unserem Tauchgang zu Gesicht bekommen hatten.

Eine andere Gruppe Taucher kam auch gerade zurück und auch sie gesellten sich kurz darauf zu unserer Gruppe.

„Darf ich Euch Conny und Peter vorstellen,“ sagte Mickey zu den anderen Tauchern, die wir vorher noch nicht kennengelernt hatten und die offensichtlich ‚alte Hasen‘ waren, „selten habe ich das Vergnügen gehabt, mit derart ruhigen, disziplinierten Tauchern unter Wasser zu sein. Und Peter hatte im Vorfeld Befürchtungen, nicht fit zu sein. Das liebe ich an den Deutschen!“

Uups!

Ich hätte ja eventuell damit gerechnet, nicht getadelt zu werden, aber offensichtlich hatten wir Mickey beeindruckt.

Er meinte dann danach noch, er würde uns nun zu den etwas anspruchsvolleren Tauchspots mitnehmen, worauf wir uns natürlich freuten.

Mickey hatte auch stets seine Unterwasserkamera dabei.

Nicht die GoPro oder so ‘ne kleine Kamera im durchsichtigen Gehäuse, nein, er hatte die Profiversion am Start.

Sehr schnell bemerkten wir bei den nächsten Tauchgängen, dass er ein absoluter ‚Tauchgott‘ war (so nennen wir Taucher, denen alles so leicht von der Hand zu gehen scheint, wo wir noch viel dran üben müssen).

Wir, als doch noch recht unerfahrene Taucher waren darauf aus, möglichst große Tiere unter Wasser zu sehen zu bekommen: Haie, Rochen, Kraken oder am besten gleich den grössten Fisch der Welt, den Walhai.

Mickey war da ganz anders.

Er war auf der Suche nach den ganz kleinen Lebewesen.

Lebewesen, die uns wahrscheinlich nie aufgefallen wären, hätte Mickey nicht immer mal wieder irgendwo mit dem Finger hingezeigt.

Er schwebte mit seiner Kamera bewegungslos neben einer Koralle, fotografierte seine Entdeckung und als ich dann dort ankam wies er nochmal in die Richtung und schwamm weg um mir, bzw. uns Platz zu machen.

Man musste schon sehr genau hinsehen, um die kleine Nacktschnecke oder gar das winzige Seepferdchen überhaupt zu erkennen.

Und dabei noch die Position zu halten und nicht mit der Tauchermaske die Koralle zu berühren.

Unter Wasser wird generell nichts berührt, das haben wir in unserer Ausbildung, die wir in Deutschland gemacht hatten, gelernt und das war für uns quasi Gesetz.

Bei einem der Tauchgänge jedoch machten wir, besser gesagt Mickey, eine Ausnahme.

Wir tauchten so durch die Korallenwelt, als Mickey mal wieder stoppte um irgendetwas zu fotografieren.

Wieder einmal zeigte er auf etwas, diesmal am Boden liegendes.

Korallen, mehr konnte ich im ersten Moment nicht erkennen.

Bis Mickey eine der vermeintlichen Korallen berührte und diese daraufhin ihre Farbe veränderte.

Kurzzeitig war eine Form zu erkennen, die verriet, dass es sich hier nicht um eine Koralle, sondern um einen Oktopus handelte.

Mickey streichelte ihn.

Der Oktopus ließ dies zu.

Mickey animierte mich, es auch zu probieren.

Ich schwamm vorsichtig näher, streckte die Hand aus und war erstaunt, dass das Tier so ganz und gar nicht glitschig war.

Fasziniert streichelte ich es mit nur einem Finger.

Ganz behutsam.

Keine Reaktion, zumindest nicht so, wie man es erwarten würde.

Und dann doch eine Reaktion: Fast schon ebenso behutsam wie ich das Tier berührte, kam eine der Tentakeln unter dem Körper hervor und begann meine Hand abzutasten.

Die Saugnäpfe fühlten sich an wie Schmirgelpapier.

Und dann wollte der Oktopus mich wohl ganz für sich behalten, denn ganz plötzlich wurde aus der zunächst sanften Berührung ein fester Griff.

Ich erschrak dermaßen, dass ich meine Hand reflexartig zurückzog.

Dies wiederum erschreckte den armen Oktopus, der sich unglaublich flink hinter eine andere Koralle verzog und seine Farbe und Hautoberfläche dieser perfekt anpasste.

Mickey brachte uns jedes Mal zu Tauchspots, von denen keiner dem anderen glich.

Da gab es mal eine bunte Wand aus Korallen, beim nächsten Spot eine Spalte, durch die man gerade so durch passte oder auch Überhänge und kleine Höhlen, durch die er uns lotste.

Bei einem dieser Tauchgänge begegneten wir einem ziemlich großen Grouper, einem Zackenbarsch.

Der fühlte sich in unserer Gesellschaft offensichtlich wohl, denn er folgte uns während des gesamten Tauchgangs.

Dank Mickey gibt es hiervon auch ein sehr eindrucksvolles Foto:

Am Ende des Tauchtages sassen wir stets noch für das eine oder andere ‚Deko-Bierchen‘ im C-Level an der Bar.

Mickey holte dann meist sein Laptop heraus und inspizierte seine neuesten Bilder.

Die Gäste im C-Level waren nicht ausschließlich Tauchgäste der Reef Gliders, offenbar trafen sich hier auch viele ‚Expats‘, also hier lebende Ausländer.

Die Stimmung war stets gut, wir fühlten uns hier echt wohl.

Plan "B"


Wenn ich mich richtig erinnere, dann war es unsere dritte Nacht im Hotel.

Wir sassen draußen vor unserem Zimmer auf dem Balkon im Grünen bei einem Bierchen und unterhielten uns über unsere Reise, über die Insel, über das Tauchen und vieles mehr.

Da lege ich mich erstmal in die Hängematte...

Irgendwann schauten wir uns an, schmunzelten beide ein wenig und beschlossen, dass diese Insel eigentlich schon so ziemlich alles bot, was wir uns wünschten.

Aber es war immer noch eine Insel, und wir wollten ja eigentlich auf keiner Insel leben.

Wer will schon auf eine Insel?!?

„Wie wär‘s, sollten wir sie einfach als guten ‚Plan B‘ im Hinterkopf behalten?“ war dann 'die' Frage der Nacht.

Es blieb ja noch Zeit, noch hatten wir ja nicht mal alles gesehen.

Dies wollten wir ändern.

Nachdem wir unsere gebuchten sechs Tauchgänge gemacht hatten, erkundigten wir uns , wo wir ein Auto für einen Tag mieten könnten um einfach mal die Insel auf eigene Faust zu erkunden.

So groß ist sie ja nicht.

Mitten im Ort, eigentlich fast schon neben der Tauchbasis, in einem alles andere als nach Autovermietung aussehenden Laden wurden wir fündig.

Zuerst machten wir uns auf den Weg in den Osten der Insel.

Laut Karte war es nahezu unmöglich sich zu verfahren.

Es gab nur eine Strasse, die sowohl am westlichen, als auch am östlichen Ende der Insel jeweils eine Schleife machte.

Viele Ortschaften schien es nicht zu geben.

Ortsnamen wie Coxen Hole, French Harbour oder Oak Ridge waren einige der wenigen, die aus der Karte heraus stachen.

Wir waren also in Richtung Osten unterwegs.

Die Strasse war teilweise übersät mit Schlaglöchern, wir mussten zeitweise echt Slalom fahren.

Östlich von French Harbour schien es ruhiger zu werden.

Kaum mehr Häuser zu sehen, alles war schlichtweg nur grün.

Herrlich grün.

An einigen Stellen sah man von der Strasse aus das Meer, was uns des öfteren rechts ran fahren ließ um die Schönheit dieses Ortes zu bestaunen.

Von manchen dieser Aussichtspunkte hatte man Sicht auf beide Seiten der Insel.

Meer sowohl auf der einen, als auch auf der anderen Seite.

Hier ein Pferd, das am Straßenrand wie verloren da stand und graste, dort ein paar Kühe auf einer Weide und über unseren Köpfen riesige Vögel.

Geier.

Und, absolut faszinierende Flugkünstler: Fregattvögel.

An dem Punkt, an dem die Strasse im östlichen Bereich die Schlaufe macht, stand ein Schild, das nach Camp Bay verwies, mit Hinweis auf ‚Beach‘.

Dort wollten wir hin, ein wenig ‚beachen‘.

Allerdings war die Strecke, die hier begann, nicht unbedingt die beste.

Um nicht zu sagen es war eine üble Buckelpiste.

Nach ein, vielleicht zwei Kilometern jedoch urplötzlich die Erlösung: Betonierter Straßenbelag, vom Feinsten.

Doch die Freude war nur von sehr kurzer Dauer: Nach wenigen hundert Metern, quasi nach der nächsten Kurve, erneut: ‚Dirtroad‘.

Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, aber besser wurde die Fahrbahn trotzdem nicht mehr.

Irgendwann kamen wir dann an einen Punkt, an dem es nicht mehr weiter zu gehen schien.

Eine über die Strasse gespannte Kette versperrte den Weg und danach schien dieser sowieso im Dschungel zu verschwinden.

Wir drehten also um.

Ein Restaurant in dieser Gegend wurde im Reiseführer besonders erwähnt.

Das ‚La Sirena‘ sollte berühmt für seine Meeresfrüchte sein.

Das wollten wir uns nicht entgehen lassen.

Wenn nun ein Restaurant eine solche Erwähnung im Lonely Planet genießt, dann hat man gewisse Vorstellungen.

Was würdet Ihr Euch vorstellen?

Meeresfrüchte, ein Restaurant, das auf das Wasser hinaus gebaut ist: Gehobenes Ambiente, Weinflaschen neben hübschen Gläsern und Wasserkaraffen auf weißen Tischdecken, drei Sets Besteck, Porzellanteller und dicke, in silberne Ringe drapierte Stoffservietten !?!

Ihr ahnt es schon.

Nichts von all dem fanden wir vor.

Ok, wäre ja auch etwas übertrieben gewesen.

Irgendwo unter ein paar Kokospalmen am Rand der unbefestigten Strasse, die direkt am Meer entlang führte, stand ein kleines, altes, schon etwas vom Wetter gezeichnetes Schild: „La Sirena“.

Ein klapprig erscheinender Steg führte etwa 15 Meter auf‘s Wasser hinaus zu einer mit Palmblättern bedeckten, nach drei Seiten offenen, kleinen Hütte.

Als wir dort ankamen waren wir erst einmal allein.

Herrliche Aussicht auf‘s Meer, den Strand und die Insel an sich.

„Hi, can I get you guys something?“ hörten wir eine weibliche Stimme fragen.

Auf die Frage nach einer Speisekarte bekamen wir von der Bedienung kurzerhand erklärt was die Küche an diesem Tag zu bieten hatte.

Wir entschieden uns für ein Bierchen und nur eine Kleinigkeit zum Essen.

Man könnte jetzt den Eindruck gewinnen, wir wären enttäuscht gewesen.

Ganz im Gegenteil!

Dieses Lokal, so weit ab von allem, so einfach und authentisch, es war einfach genial.

Wir sassen noch recht lange und ließen uns den Ostwind um die Ohren wehen bevor wir den Rückweg in den Westen der Insel antraten.

Wenn wir nochmal auf die Insel kommen würden, würden wir hier ganz sicher noch einmal für ein Meeresfrüchtegericht herkommen.

Die Zeit schien zu fliegen.

Als wir in West End ankamen ging bereits die Sonne wieder unter.

Dabei hatten wir ein Highlight der Insel noch gar nicht besucht: West Bay Beach.

„Lass uns das Auto morgen auch noch behalten“ schlug Conny vor.

Die Dame, von der wir den Wagen gemietet hatten, checkte ihren Kalender und gab uns ihr OK.

Dunkle Wolken zogen aus östlicher Richtung über die Insel, es sah schwer nach Regen aus.

Blitze zuckten weit draußen über dem Meer, Wetter von allen Seiten.

Es schien fast so, als wollten sich die Wolken mit den Blitzen zusammentun um sich direkt über uns zu entladen.

Der Wind ließ nach, es wurde seltsam ruhig.

Und warm.

Bald würde es losgehen.

Wir sassen auf einem der vielen Stege, die auf‘s Wasser hinaus gebaut sind und genossen die magische Stimmung.

Eine nahe liegende Bar hatten wir als Zufluchtsort ins Auge gefasst, wir waren vorbereitet.

Nachdem bestimmt schon eine Stunde vergangen war und es immer noch nicht angefangen hatte zu regnen, beschlossen wir den Heimweg anzutreten.

Viel Lärm um nichts - es hatte die ganze Nacht geblitzt und auch gelegentlich gedonnert, aber es fiel kein Tropfen Regen.

Am nächsten Morgen schien alles wie verflogen, die Sonne schien wieder als wäre nichts gewesen.

Optimales Strandwetter!

Mittlerweile hatten im Ort Straßenbauarbeiten begonnen.

Wie uns gesagt wurde, sollte die komplette Strasse vom einen zum anderen Ende der Ortschaft betoniert werden.

Da waren wir froh, dass wir für den heutigen Tag den Ausflug nach West Bay eingeplant hatten.

Und dass wir nur noch zwei Nächte hier bleiben würden.

Die Strasse nach West Bay führte uns über den ‚Rücken‘ der Insel.

Fantastische Aussicht, zumindest dort, wo sie nicht vom allgegenwärtigen Grün verdeckt wurde.

Allerdings hätte diese Strasse auch dringend einen neuen Fahrbahnbelag nötig gehabt.

Auch hier mussten wir Schlangenlinien fahren.

West Bay ist auf der Karte als Ortschaft eingezeichnet.

Als wir ankamen fanden wir rechts und links ein paar wenige Gebäude, zumeist Hotels, ein oder zwei Restaurants und ein Gebäude mit Ladengeschäften.

Waren bestimmt nur die Vorläufer, die Ortschaft selbst würde erst noch kommen.

Denkste!

Das war‘s im Großen und Ganzen.

West Bay findet eigentlich nur am Strand statt.

Wir parkten das Auto im Schatten eines großen Baumes und machten uns auf den Weg an den Strand.

Eine schmale geschotterte Strasse führte zwischen den Hotels und Resorts hindurch dorthin.

Die Hotels hatten Palmen und andere Büsche und Bäume auf ihren Grundstücken stehen, die zum Teil die Strasse überwuchsen und dadurch wirkte diese fast schon wie ein dunkler Tunnel.

Mit Licht an dessen Ende.

Sonnenlicht. Und das Meer.

Als wir dieses Ende erreicht hatten kamen wir uns vor wie im falschen Film.

Feiner, weißer Sand, das freche, surreale Türkis der Karibik, Boote aller möglicher Klassen, draußen auf dem Meer ein Boot, das einen Paraschirm hinter sich herzog…

Das alles schien mir unmöglich echt sein zu können.

Ein komisches Gefühl überkam mich, so, als wäre ich hier fehl am Platz.

So, als könnte ich mir das nicht leisten (was nicht der Fall war), ich konnte es mir selbst nicht erklären.

Im Nachhinein weiß ich, ich hatte mich im Unterbewusstsein schon ein wenig mit dem Gedanken angefreundet, eventuell auf Roatán leben zu wollen, und diese Szenerie hier am Strand von West Bay vermittelte den Eindruck verflucht teuer zu sein.

Nichtsdestotrotz genossen wir den Tag am Strand.


Am Abend, nachdem wir das Auto wieder abgegeben hatten gab es noch einen Absacker im Sundowner‘s, die Bar in der Nähe unseres Hotels, die für uns in der kurzen Zeit fast schon zur Stammkneipe geworden war.

Die Margaritas in den Händen haltend fläzten wir uns gemütlich auf die Strandliegen, neben uns das Lagerfeuer und die Öllampen, vor uns schlugen sanft die Wellen an den Strand.

Hunde tollten um uns herum.

Wir unterhielten uns noch lange über das bisher Erlebte.

Und wir trafen eine Entscheidung.

Welche?

Um das zu erfahren müsst Ihr Euch bis zum nächsten Mal gedulden…

Behaltet also schön die ‚Sonne im Visier‘!!!

Bis bald…

P.S.:  Was wir damals nicht wussten: Mickey ist eine Berühmtheit! Nicht nur hier auf Roatán. All die Fotos, die er geschossen hatte, dienten einem bestimmten Zweck: Dem Erstellen eines Buches über all die Lebewesen des karibischen Meeres. Mittlerweile kennt jeder Taucher, der die Karibik betaucht, das Buch 'Caribbean Reef Life' von Mickey Charteris. Macht Euch den Spaß und schaut mal hier rein (soll keine Werbung sein!):
https://www.caribbeanreeflife.com


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  1. Hallo ihr 2 dieser Bericht hat sofort wieder das Fernweh ausgelöst um Euch 2 wieder zu Besuchen. Hoffen wir mal das es auch wieder mal klappt auf die Mega schöne Insel zu kommen . 🌴

    1. Hi Anke,
      ja, es wird definitiv mal wieder Zeit für ein gemeinsames Kaltgetränk im Sundowner’s…
      Freut uns jedenfalls unheimlich, dass mein Reisebericht derartige Emotionen auslösen kann!
      Wie sagt man im Schwäbischen so schön: „Schaffa, spara, (Heisla baua) Tickets kaufa“.
      Hoffentlich bis bald mal wieder!!!

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