19. Durchgewetzt – Öl ersetzt – Winter? Ist doch jetzt!

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Durchgewetzt

Melaque hinter uns lassend machten wir uns auf den Weg in Richtung Colima.

La Ciudad de las Palmeras.

Und in Richtung nächster Suzuki Werkstatt.

Eigentlich war Colima nicht in unserem Focus, da es im Landesinneren liegt.


Conny, die den Lonely Planet schon fast auswendig kannte, war angetan von der Beschreibung der Stadt und ich erhoffte mir mal wieder kompetente Hilfe für meine Dolores, die immer noch nicht zu meiner Zufriedenheit lief.

Ganz abgesehen von der Lage im Landesinneren wäre uns dieser Ort auch einfach zu gefährlich um dort zu leben.

Nicht etwa wegen hoher Kriminalität, nein, wegen der Nähe zum aktivsten Vulkan Mexikos mit dem harmlos klingenden Namen „Nevado de Colima“ (der „Schneebedeckte von Colima“).

Auch bebt hier wohl sehr häufig die Erde, was sehr deutlich auf Postkarten zu sehen ist, die z.B. eine alte Kirche vor und nach einem schweren Beben und nach ihrem Wiederaufbau zeigt.

Also alles in allem sollte Colima für uns nur Sightseeing sein.

Ach so, Kaffee wird hier auch angebaut. Wir sind Kaffeeliebhaber…

Die Strecke zwischen Melaque und Colima ist vergleichbar mit einer Bundesstraße in Deutschland. In etwas über zwei Stunden waren die ca. 160 km zurückgelegt ohne dass der Hintern schmerzte.

Ich war erstaunt wie groß die Stadt ist.

Es war gar nicht so einfach sich mit der Verkehrsführung zurecht zu finden. Nach ein paar „Verfahrern“ fanden wir dann aber doch das von Conny ausgewählte Hotel „Hospedajes del Rey“nahe am Zentrum, nahe des Zócalo.

Die ersten Ermüdungserscheinungen machten sich bemerkbar.

Nicht etwa bei uns.

Meine Motorradhandschuhe waren durch.

Die haben ihren Dienst getan


Zwar waren wir auf der Reise bisher „nur“ ca. 4000 km gefahren, aber die geriffelten Motorradgriffe, Hitze, Staub und Schweiß haben ihnen dann einfach den Rest gegeben (und neu waren sie bei Beginn der Reise auch nicht ...)

Neue mussten her!

Also machte ich mich, nachdem wir im Hotel unser Zimmer bezogen hatten, allein auf den Weg, einen Laden mit Motorradbekleidung zu finden.

Überraschenderweise fand ich sogar einen.

Mein Spanisch war schon nicht mehr so ganz schlecht!

Aber sind wir doch mal ehrlich: Woher sollte ich das Wort für Handschuhe kennen, wo wir doch ständig über 30 Grad hatten und insofern nie nach solchen fragen mussten.

Ich schleiche als einziger Kunde durch den Laden, der jetzt nicht unbedingt üppig ausgestattet war.

Hoffentlich spricht mich keiner an.

„¿Qué estás buscando, puedo ayudarte?“

Eiskalt erwischt!

Eigentlich war es sehr einfach dem Verkäufer klar zu machen was ich suchte. Schließlich musste ich ihm ja nur meine aktuellen Handschuhe zeigen.


Er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und sagte fast schon bedauernd:

„¡Ah, necesitas guantes, obviamente!“

„Guantes“, wieder ein neues Wort in meinem Repertoire.

Ein einziges Paar lag wie ein Juwel in einer verschlossenen Vitrine.

Kein Preisschild.

An den Preis, den der Verkäufer mir auf meine Frage hin nannte, erinnere ich mich nicht mehr.

An meine Reaktion sehr wohl: Offener Mund, einen Schritt zurücktreten. Vieeel zu teuer!

Die Verkäufer und ich hatten trotzdem unseren Spaß. Ich denke die haben nicht jeden Tag einen Deutschen im Laden der am Spanisch Lernen ist und durchgewetzte Handschuhe hat.

Teils belustigt von der Konversation, teils enttäuscht dass ich keine neuen Handschuhe bekommen hatte, verließ ich den Laden und machte mich auf den Weg zurück ins Hotel.

Beim Überqueren einer großen, viel befahrenen Kreuzung sah ich aus dem Augenwinkel heraus ein Schaufenster, das so aussah, als könnte ich dort fündig werden.

Blinker setzen, abbiegen und die Dolores auf dem Parkplatz vor dem Laden, der ähnlich wie ATU in Deutschland zu sein schien, abstellen.

Mit meinem neuen Wort konnte ich hier gleich ohne zu suchen nach dem fragen was ich suchte : „Guantes“

Ok, es war kein Motorradzubehörgeschäft. Eher so was für Bauarbeiter.

Was solls? Was Bauarbeiterhände schützt kann für meine nicht schlecht sein!

Für umgerechnet ein paar Euronen kaufte ich mir also ein Paar lederne Arbeitshandschuhe und verließ glücklich den Laden.

Schön waren sie nicht. Conny fand‘s lustig.

Das Hotel in dem wir untergekommen waren war etwas eng gebaut, also kein Innenhof, die Zimmer jedoch waren großzügig geschnitten und mit Klimaanlage ausgestattet.

Die nette Dame an der Rezeption meinte, wir könnten unsere Motos auf einem zum Hotel gehörenden Platz eine Straßenecke weiter abstellen, mal wieder direkt neben einem Swimmingpool. Abgesichert durch ein großes Rolltor. Das nahmen wir dankend an.

Stadtrundgang

Ein Zócalo wie wir bisher noch keinen gesehen hatten prägt das Zentrum der ca. 150.000 Einwohner zählenden Stadt Colima.

Riesige Bäume an denen sich ebenso unglaublich große Philodendren hochranken, Blumen und Büsche in den unterschiedlichsten Farben zieren den top gepflegten Platz in dessen Zentrum ein Pavillon mit Kuppeldach zum Ausruhen einlädt.


Gesäumt ist der Zócalo von alten Gebäuden mit Geschäften, Cafes, Restaurants und Bars. Zwischen dem Zócalo und diesen Gebäuden verläuft eine Durchgangsstraße.

Die Atmosphäre ist sehr entspannt, man bekommt Lust sich einfach am Straßenrand auf einen Stuhl zu setzen und einen Kaffee zu schlürfen…

Kaffee.

Dieser, so haben wir gelesen, soll hier angebaut werden. Bisher sind wir noch keinen Kaffeeplantagen begegnet. Dies wollten wir ändern, also planten wir einen Ausflug in Richtung Vulkan.

Öl ersetzt


Doch vorher wollte ich nochmal nach der Dolores geschaut haben und deshalb statteten wir der Suzi-Werkstatt einen Besuch ab.

Sehr modern, fast schon wie die in Long Beach.

Am „Empfang“ wurden wir von einer sehr netten jungen Dame begrüsst und nach unserem Anliegen gefragt.

Klar haben wir nebst dem technischen Problem auch unseren Trip erwähnt. Die Augen der Angestellten wurden immer grösser vor Begeisterung.

Wieder einmal half uns unsere Geschichte dabei, unmittelbar an die Reihe zu kommen.

Der Mechaniker stellte sich uns mit seinem Vornamen vor während er die Dolores in die astrein gepflegte, große Werkstatt schob.

Ich durfte mit rein. Ist halt nicht Kalifornien…

Unter meiner Aufsicht (*zwinker* ) baute er dann erst den Kupplungsgehäusedeckel weg, dann das… Ach was, zuviel Technik!

Wieder mal wurde sie nackig gemacht...


Schlussendlich, nachdem alles wieder zusammengesetzt war (und keine Schraube übrig blieb) meinte er: „Eigentlich nichts auszusetzen, nur das Öl würde ich durch ein anderes ersetzen, dann kommst Du mit der Dolores sicher bis Panama.“

Na dann ersetzen wir das Öl doch gleich bei beiden Maschinen.

Mein Gewissen war mal wieder beruhigt und wir konnten den Ausflug ins Kaffeeanbaugebiet starten.

Winter? Ist doch jetzt!


Mitte Januar, es ist heiß draußen.

32°C tagsüber. Nachts geht's schon mal knapp unter die 20°...

Ein Ausflug in die Umgebung, ohne jegliches Gepäck, das sollte Spaß bringen.

Da vergisst man schon mal ganz bewusst die Schutzkleidung. Ich fuhr in Jeans und T-Shirt, Conny wollte nicht auf ihre Jacke verzichten, es könnte ja doch noch kalt werden.

So ganz und gar unbeschwert ging es also raus aus der Stadt, immer den Vulkan vor Augen, stetig aber sanft bergauf.


Vorbei an Schildern, die vor dem Vulkan und seinem Gefahrenpotential warnten. Ein mulmiges Gefühl. Sollten wir weiterfahren oder lieber umkehren? Nein, wir hatten ein Ziel und das wollte erreicht werden: Die Kaffeeplantagen.


Alles war saftig grün um uns herum.


Doch wo waren denn jetzt nur die Plantagen?

In all den Dörfern, durch die wir kamen wurde mit Schildern auf die „Ruta del cafe“ hingewiesen, doch gefunden haben wir nichts.

„Kaffeemuseum“ stand (natürlich auf spanisch) auf ein paar Schildern an denen wir vorbei kamen. Wir folgten den Schildern und fanden wonach wir suchten.

Eine große Halle, die aussah wie eine verlassene Fabrik.

„Museo del Cafe“ stand auf dem Schild das am Gebäude angebracht war.

Na ja, wo Museum draufsteht wird ja wohl auch Museum drin sein, dachten wir.

Dachten wir!

Tatsächlich schien es sich um eine ehemalige, zumindest momentan nicht in Betrieb befindliche Rösterei zu handeln. Ein paar alte Maschinen ließen darauf schließen. Niemand hielt uns davon ab, durch die dunkle, verstaubte Halle zu spazieren.

Schließen wir dieses Kapitel ab.

Nein, noch nicht ganz, denn an der Strasse war ein kleiner kioskartiger Laden mit einer kleinen Theke hinter der eine etwas gelangweilte junge Dame stand.

Mal schauen was sie so anbietet, eine kleine Stärkung wäre jetzt angebracht. Als wir näher kamen erkannten wir:

„Eine Siebträgermaschine!“

Hier würde es guten Espresso geben.

Also bestellten wir Espresso.

Die etwa 20-jährige musste leider ihr Handy aus der Hand legen, in das sie bis zu unserer Ankunft gelangweilt geschaut hatte.

Schon oft haben wir die Erfahrung gemacht, dass, obwohl wir in einem Land sind in dem Kaffee angebaut wird, dieser meist nicht besonders gut zubereitet wird. So "einmal heißes Wasser am Kaffee vorbeischütten und gut ist" ist sehr häufig Standard.

Nicht so hier. Die Dame hatte Ahnung von der Zubereitung von Kaffee!

Dieser war lecker. Sehr lecker. Hmmm, was für ein Genuss!

Doch wo kommt er denn nun wirklich her? wollten wir von der Barista wissen.

„Na von hier“ antwortete sie und zeigte mit dem Finger in der Gegend herum.

Tatsächlich wuchsen in jedem noch so kleinen Gärtchen Kaffeepflanzen. Nicht so wie wir es vermutet hätten, Plantagen so weit das Auge reicht…

„Aber braucht denn Kaffee um zu gedeihen nicht Kälte?“ fragte ich skeptisch.

Die Junge Dame schaute mich verdutzt an und meinte: „Na ja, im Winter ist es hier ja auch kalt.“

Im Winter. Aha!

„Sooo, wann ist denn Winter?“ fragten wir ein wenig ironisch

„Dezember, Januar und Februar“ sagte sie, fast schon die Augen rollend über so viel „Unwissenheit dieser Gringos“.

Jetzt hatte ich sie! „Es ist Januar, ist es vielleicht kalt?“

Sie nickte energisch mit dem Kopf „Ja, ich friere!“

Da fiel mir erst auf, dass sie eine langärmlige Jacke trug.

Na dann wissen wir das doch auch!

Der Kaffee war leer, wir verabschiedeten uns, saßen auf und genossen den warmen Fahrtwind während der Fahrt zurück in die Stadt.

Ein weiterer Ausflug führte uns am nächsten Tag mal wieder in ein „Pueblo Magico“, ins nur knapp 10km entfernte Comala, das im Volksmund auch „Pueblo Blanco“, "weißes Dorf" genannt wird.


Kopfsteinpflaster und ein paar teils lustige alte Autos sind mir von hier hauptsächlich in Erinnerung geblieben.

Wer weiß, wann dieses Kopfsteinpflaster gelegt wurde...


Mexiko hat Geschichte. Ich war nie besonders gut in Geschichte, deshalb möchte ich auch nicht zu genau darauf eingehen.

Entspannte Atmosphäre rund um den Zócalo in Colima 


Sehr beeindruckt haben uns die Wandmalereien in öffentlichen Gebäuden, wie z.B. dem Rathaus, die wichtige Szenen der Historie darstellen.

Es geschah im Jahre 1917...



So, Colima und Comala hatten wir gesehen, die Ente und die Dolores hatten neues Öl, wir konnten wieder ans Meer zurück.

Hätten können, oder so!

Conny wollte es sich nicht nehmen lassen noch mehr vom Landesinneren zu sehen, jetzt wo wir schon mal hier waren.

Also beschlossen wir einen weiteren Ausflug zu unternehmen. Und zwar nach:




Nur, ehrlich gesagt hatten wir keine Lust mit den Motos die Strecke zu fahren, uns dann in der 1,5 Millionen-Stadt durch den Verkehr zu kämpfen, nur um ein oder zweimal zu übernachten.

Mit dem Fernbus wäre es entspannter.

Bus fahren ist anders in Mexiko (Ihr erinnert Euch?)

Noch eine ruhige Nacht im Hotel „Hospedajes del Rey“ in Colima, dann nehmen wir Euch mit in die große Stadt, in der es ganz schön cool sein kann.

So cool, dass mancher froh ist wenn er denn „guantes“ hat…

Lasst Euch überraschen!


Conny&Pepe


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