6. Pasaporte por favor…

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M*E*X*I*C*O

Ein letztes "Continental Breakfast" im Hotel in San Diego änderte nichts an der Tatsache, dass wir ziemlich aufgeregt dem entgegen schauten, was uns heute erwartete:

Der Grenzübergang nach Mexiko.

Genauer gesagt ins berühmt berüchtigte Tijuana.

Dieser Grenzübergang ist, so weit ich weiß, der am meisten frequentierte der Welt...

Grenzübergang Tijuana. Viele wollen in die USA, nur wenige nach Mexiko...

Und dahinter liegt eine andere Welt.

Am Abend, als ich von meiner Odyssee nach Long Beach und wieder zurück meine Dolores auf dem Hotelparkplatz abgestellt, den Helm abgenommen und mich erst mal ausgiebig gestreckt hatte, sah ich auf dem Boden vor mir ein paar Geldscheine liegen.

Die Währung konnte ich aus der Entfernung nicht erkennen.

(Ihr denkt jetzt sicher: Der muss ja eigentlich nie mehr arbeiten, der findet ja ständig Geld auf der Strasse, wie auch vor ein paar Tagen schon in Hollywood).

Bei näherer Betrachtung zeigte sich, dass es drei Zwannis waren.
Leider keine Dollars, dafür aber, was für ein Zufall, mexikanische Pesos.

Zufrieden, wieder zurück zu sein, schob ich das Geld ein und ging hoch ins Zimmer.

Wir checkten aus, mit einem faden Nachgeschmack - vom Frühstück - und bepackten unsere Motorräder.

Hierbei hatten wir mittlerweile eine gewisse Routine.

Dieser Koffer zuerst, dann der andere, das Topcase drauf und die Gepäckrolle, bzw. das Zelt, zum Schluss. Die Koffer wurden vorsichtshalber noch mit Spanngurten gesichert, für den Fall dass sich die Halterung doch unerwarteterweise lösen würde.

Dieser Vorgang dauerte, ich würde mal sagen, so um die 10 Minuten.

Noch ein kurzer Blick auf die Karte und dann konnte es losgehen.

Bis zur Grenze sind es gerade mal 30 Minuten Fahrzeit.

Dann würden wir bestimmt entweder im Stau stehen oder, wie wir im Lonely Planet gelesen haben, so etwas wie eine "Filzlotterie" machen müssen.

Das sieht dann so aus, dass jeder eine Art Buzzer drücken muss, wonach entweder ein grünes Licht angeht und man weiter fahren darf, oder ein rotes und man wird gefilzt.

Ich war vorsichtig optimistisch.

Oh meine Fresse, hoffentlich nicht gefilzt werden! Unsere Koffer sind so perfekt gepackt!

Schon von weitem sahen wir die Grenze, da die Strasse ziemlich geradeaus durch eine weite Senke führt und die Grenze selbst auf der anderen Seite am oberen Ende liegt.

Wie aufregend!

Wir kamen näher. Und näher.

Fast schon unerwartet schnell waren wir da und fuhren unbehelligt am US-amerikanischen Grenzposten vorbei.

"Klar," dachten wir "was haben die Amerikaner für ein Interesse daran, Leute, die aus den USA kommend nach Mexiko wollen, zu kontrollieren?" Das würden dann die Grenzer am mexikanischen Grenzposten machen.

Anders als wir das von Europa gewohnt sind, gibt es diesen zweiten Grenzposten hier nicht.

Es gibt nur einen, und wenn Dich dort keiner anhält, dann bist Du in Mexiko.

In unserem Fall ohne Ausreise- oder auch Einreisestempel im Reisepass, geschweige denn, irgendwelche Dokumente für unsere Mopeds.

Upsi!

Wir hielten auf einem Supermarktparkplatz an, schauten uns gegenseitig fragend und verwundert an.

Wir waren in Mexiko.

Illegal!

Der Parkplatz war riesig.

Wir überlegten hin und her, wie wir für uns und unsere Motos die notwendigen Stempel in die Pässe  bekommen könnten.

Die beste Lösung schien zu sein, uns in den schier endlosen Stau in Richtung USA einzureihen, nochmal rüber zu fahren und, na ja, irgendwie würden wir das den Grenzern schon erklären...

Am anderen Ende des Parkplatzes sahen wir ein Polizeiauto stehen.

Polizei, dein Freund und Helfer, "Servir y Proteger"!

Ich gestikulierte, dass wir eine Frage hätten, bzw. ihre Hilfe bräuchten.

Tijuana ist kein besonders friedliches Pflaster, wurde uns gesagt.

Das weiß die Polizei auch und dementsprechend waren die Polizisten in jenem besagten Auto plötzlich alarmiert, denn sie dachten wohl, uns wäre was passiert.

Jedenfalls kamen sie mit quietschenden Reifen angeflogen und fragten, was los sei.

Nachdem wir unsere Situation geschildert hatten, kam die Frage: "Ihr seid Deutsche?"

"Ja."

"Dann braucht ihr keine Einreisedokumente!"

Wir wussten es besser.

Und außerdem war es wichtig, dass wir nachweisen konnten, aus den USA ausgereist zu sein.

Also beschlossen wir zurück zu fahren.

Der Stau schlängelt sich entlang einer Reihe von Felsbrocken, die wie Begrenzungssteine alle paar Meter am rechten Straßenrand lagen.

Dahinter jede Menge an Souvenirverkäufern, die den Leuten noch was andrehen möchten bevor sie ins teure Amerika fahren.

Wir haben ein paarmal nein gesagt, und schnell merkten sie, dass mit uns kein Geschäft zu machen war.

Also winkte uns einer zu, wir sollten doch das kleine Sträßchen auf der anderen Seite der Felsbrocken nehmen um uns am Stau vorbei nach vorn zu schmuggeln.

Gute Idee!

Dieses Sträßchen führte uns in eine Art Hinterhof und direkt in die Arme von zwei Polizisten.

Ok, dachten wir, wir versuchen es halt nochmal und fragen die zwei, was wir denn in unserer Situation am besten machen sollten.

Unerwarteterweise (wir hatten erwartet, erneut zu hören, dass wir als Deutsche keine Einreiseformalitäten zu erledigen hätten, wie von den anderen Polizisten) waren diese Polizisten auf Anhieb sehr hilfsbereit und meinten: "Ok, ihr müsst dahin und dann dorthin und später dann in dieses Büro um dann mit dem Schreiben wieder dahin zu gehen..."

Ach du dickes Ei! Das klingt nach einer Odyssee!

Die Popos (nein, nicht Ärsche, Polizisten!) haben unsere Blicke wohl bemerkt und einer von ihnen meinte kurzerhand:"Lasst Eure Motorräder hier stehen und folgt mir, ich helfe euch."

AAAAHA! Daher weht also der Wind, dachten wir.

Er geht mit uns irgendwo um die Ecke, während jemand anderes lustig Zeit hat unser Gepäck zu plündern oder gar die ganzen Motorräder zu klauen.

Wir wirkten offensichtlich so skeptisch, dass der Polizist uns versicherte, sein Kollege würde auf die Töffs gut aufpassen, worauf dieser fast schon filmreif an seine Dienstwaffe griff und dabei ein paar Zentimeter grösser zu werden schien.

Die Polizei. Dein Freund und Helfer


Im ersten Büro angekommen...

Ach, wisst Ihr was? Ich kürze die Geschichte etwas ab:

Der nette Polizist hat uns tatsächlich von Büro zu Büro begleitet und stets geduldig gewartet, bis das jeweilige Dokument ausgestellt war.

Für unsere Motos musste eine Art Pfand hinterlegt werden (ich glaube mich erinnern zu können dass es 3000 mexikanische Pesos waren), die der jeweilige Fahrzeughalter mit seiner auf ihn ausgestellten Kreditkarte zu bezahlen hatte (oder bar, aber wir hatten so gut wie kein Bargeld bei uns).

Conny's Karte wurde nicht akzeptiert, warum auch immer.

Bargeld reicht nicht. Was tun?

Vielleicht Geld vom Bankomat ziehen? Ja, das wäre eine Möglichkeit!

Ich wartete in einem der Büros während der nette Polizist Conny in die Stadt zu einem Geldautomaten führte, sich schützend hinter ihr aufbaute und sie dann auch noch in die Bank begleitete, um in die verlangte Währung zu tauschen (ich glaube, die wollten, wenn bar, dann in US Dollar).

Denkt daran, wir sind in Tijuana...

Ihr könnt Euch vorstellen, dass ich erleichtert war, als die Beiden wieder im Büro erschienen, Conny mit (na ja, mehr oder weniger) strahlendem Gesicht.

Nachdem sie bezahlt hatte waren alle Formalitäten erledigt und wir und unsere Motorräder waren offiziell berechtigt uns für die nächsten 180 Tage frei in Mexiko zu bewegen.

Wir waren legal in Mexiko.

Endlich!


Der nette Polizist begleitete uns dann auch wieder zurück zu unseren Moppeds, die tatsächlich, noch immer vom Kollegen bewacht, offenbar unberührt dort standen wo wir sie abgestellt hatten.

Erleichterung.

So nette Polizisten! Da muss man sich schon erkenntlich zeigen!

Ich deutete an, dass ich ihnen gerne etwas Bares zukommen lassen würde, aber das wäre ja eigentlich Korruption, oder?!?

Der Beamte, der uns begleitet hatte meinte er müsse mal pinkeln.
Ob ich nicht auch müsse, fragte er mit einem Augenzwinkern.

Wir gingen in ein Gebäude, keine Ahnung mehr was es für eins war, jedenfalls hatte es eine Herrentoilette mit einigen Pissoirs.

Wir pullerten (zumindest taten wir so als ob). Näheres dazu muss ich hier glaube ich nicht anführen.

Ich erinnerte mich an meine Pesos, die ich auf dem Hotelparkplatz in San Diego gefunden hatte.


Ein Griff in die Hosentasche. Die Scheinchen mit der Hand verdeckt ihm rüber gereicht, sind diese auch sofort in seiner Hosentasche verschwunden.

Ich fühlte mich als hätte ich die Welt gerettet.

Wieder draußen verabschiedeten wir uns (mal wieder herzlich) von den beiden und einer Kollegin die zwischenzeitlich noch dazugekommen war.

Einer nahm dann noch sein Funkgerät zur Hand um extra für uns von seinen Kollegen eine Einbahnstraße sperren zu lassen, damit wir diese in der falschen Richtung befahren konnten um wieder in die Stadt zu kommen.

Kennt Ihr den Wechselkurs von mexikanischem Peso zu Euro? Ich hoffe, ich muss diesem Beamten nie mehr begegnen! Umgerechnet 2,50 Euro hatte der Arme von mir bekommen!

Ok, war nun mal so. Wir konnten nun jedenfalls losf... - doch halt!!!

Da war doch noch eine Kleinigkeit.

Bevor wir Deutschland verlassen haben, mussten wir uns Gedanken machen, wie das alles mit den Ein- und Ausreisebestimmungen so ist.

Als Pauschalurlauber muss man sich da wenig Sorgen machen. Man kauft ein Ticket, fliegt hin, holt sich einen Sonnenbrand, macht viele Fotos und fliegt irgendwann wieder heim.

Bei uns war der Sachverhalt etwas anders: Wir hatten vor, mit einem One-Way-Ticket anzureisen, deutsche Fahrzeuge im Ausland hin und her zu bewegen und das Ziel, sowohl geographisch als auch zeitlich, war offen.

Das ist etwas, was die meisten Länder nicht so gerne haben, so auch die USA.

Normalerweise ist für Touristen ein Rück- oder Weiterreiseticket Pflicht.

Wie sollten wir das bewerkstelligen?

Die Lösung war: Ein Visum!

Ein Kurztrip nach München in die amerikanische Botschaft sollte dieses Problem lösen und - tat es auch. Wir erhielten ein Visum mit 10 Jahren Gültigkeit, der Aufenthalt am Stück war aber auf ein Jahr begrenzt. Dann müsste man ausreisen und konnte nach gewisser Zeit wieder einreisen. Laber laber... all das ist doch nicht so interessant!

Doch, ist es schon irgendwie!

Denn wir standen nun zwar legal in Mexiko, waren offiziell aber nicht aus den USA ausgereist!

Uns fehlte schlichtweg der Ausreisestempel im Pass!!! Visum hin, Visum her...

Nach einiger Recherche fanden wir aber auch hierfür eine Lösung:
Man konnte ein bestimmtes Formular, mit entsprechenden Kopien von u.a. dem Einreisestempel von Mexiko, nach London schicken, an eine Stelle der US Behörden.

Ja, Ihr habt richtig gelesen: London!

So hab ich auch geguckt...

Aber keine Sorge, wie so viele Ortsnamen haben die Amis auch diesen kopiert - es gibt ein London in Ohio in den USA...

Jetzt wollten wir nur noch eines: so schnell wie möglich raus aus Tijuana

Baja California wir kommen!!!

Der Kartenausschnitt ist heute sehr übersichtlich , denn hier ist für heute Schluss und von San Diego bis hierher waren es nur wenige Kilometer zu fahren.

Nur ein Kurztrip, dafür umso abenteuerlicher


Zwar sind wir am selben Tag noch weitergefahren, darüber sollt Ihr aber im nächsten Bericht erfahren wenn es heißt:

Wüste, Highway No.1, ab nach ENSENADA!!!

(Da gibt's dann auch wieder mehr Fotos. Versprochen!)

¡Adiós y hasta muy pronto!

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HER DAMIT!


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Gut oder geht so?!?

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