9. Cataviña, Zimmer mit Klimaanlage

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Durch die Wüste...

...der nördlichen Baja führt der Highway No.1 in Richtung Süden.

Zuerst ein gutes Stück an der Westküste entlang bevor er dann östlich ins Landesinnere abbiegt und dann weiter nach Süden geht.

Gute Strasse unter den Bikes, wir hatten Spaß am Fahren, es war heiß.

Die faszinierende Landschaft ließ uns die Hitze jedoch vergessen: Sand und Felsen wechselten sich ab mit Büschen und Kakteen.

Typische Landschaft auf der nördlichen Baja


Noch nie zuvor ( außer auf der Fahrt südlich von San Felipe) hatten wir so etwas live gesehen.
Man kennt die Bilder aus dem TV, aber da kommt die Atmosphäre nicht so rüber, wie wir sie nun erleben durften.

Fremde Gerüche (nein, kein Benzingestank diesmal!), die Luft flirrt über dem Asphalt und dann - Baustelle!

'Desviacion' - Umleitung

Wegen Ausbesserungsarbeiten an der Fahrbahn wurde diese einfach gesperrt, und, anstelle nur eine Fahrspur zu reparieren während man die andere für den Verkehr frei gibt, wird dieser einfach - in die Wüste geschickt!

Und das dürft Ihr wörtlich nehmen.

Die machen es sich einfach. Da kommt dann halt ein Schild, das dich nach rechts von der Fahrbahn direkt in den Sand schickt.
An den meisten Stellen war dieser durch den Verkehr relativ festgefahren.
Immer wieder jedoch fanden unsere Vorderräder diese tückischen, unscheinbaren Tiefsandstellen.

Aufregend! Noch!

Ich glaube wir hatten für die heutige Etappe kein konkretes Ziel vor Augen. Wir würden schon was finden wo wir übernachten könnten.

Nach gefühlt einer kleinen Ewigkeit, der Allerwerteste flehte förmlich nach einer Kurzzeittrennung von der Sitzbank, kamen wir an eine Tankstelle.
Obwohl unsere Bikes, mit 30l Tanks ausgerüstet, an die 600km hätten zurücklegen können, legten wir dennoch einen Tankstopp ein. Wer weiß, wann sich die nächste Möglichkeit ergibt?

Der Tankwart bestaunte unsere Moppeds und uns (ganz besonders Conny - eine Frau, solo auf einem Motorrad - im Macholand!) und versuchte, sich etwas mit uns zu unterhalten.

Einiges verstanden wir zwar, und es war auch echt nett das Ganze, nur als er dann mit etwas mitleidigem Blick fragte: "Cansado?", mussten wir passen.

Dieses Wort war uns noch fremd.

"Un poco" wäre die ( zwar unehrliche) Antwort gewesen, hätten wir verstanden, dass er uns gefragt hatte ob wir müde, bzw. erschöpft seien. "Ein wenig" wäre untertrieben gewesen.

Ehrlich gesagt waren wir nach stundenlanger Fahrt über den zumeist schnurgeraden Highway, immer wieder diese Baustellen und dann doch recht eintöniger Landschaft, ziemlich erschöpft.

Aber wir mussten weiter!

Ortschaften waren dünn gesät entlang dieser einzigen Strasse, doch nach ca. 370 Kilometern - endlich - kam eine.

Ok, ein paar Häuschen eben, einige davon aus dem Material der Riesenkakteen gebaut. Bretter mit Löchern drin. Schon wieder was Neues!

Gleich als erstes Gebäude auf der linken Seite war ein in grellem pink gestrichenes Motel mit einem großen Hof, der von einer Mauer umgeben war, mit der Aufschrift "Restaurante" und dem Bild einer mit dampfendem Kaffee gefüllten Tasse.

Macht Hoffnung auf Kaffee


Der hintere Bereich war umzäunt.

Schädel von Rindern hingen am Zaun.

Wildwest feeling!

Man hörte im Kopf die Mundharmonika von Ennio Morricone's "Spiel mir das Lied vom Tod" erklingen...


Zaungast


Endlich mal absteigen!

Den Helm abnehmen, die Jacke aufmachen, durchatmen.

Auch die Zwei durften etwas ausruhen


Wer war hier zuständig?

So was wie eine Rezeption gab's nicht, also haben wir einfach mal gehupt.

Nach kurzer Zeit kam ein Junge von etwa 8 Jahren angesprungen und fragte ob wir ein Zimmer bräuchten.

Etwas verdutzt antworteten wir: "Ja, was kostet eine Nacht?"

"300 Pesos" kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen, "mit Klimaanlage!"

Mit Klimaanlage! Wow! In dem Schuppen! Echt jetzt? Cool!

Als wir noch so am Überlegen waren, ob wir annehmen oder nicht, kamen zwei olivgrüne KLR's auf den Hof gefahren und hielten neben uns an.

Die zwei Jungs wollten die "Baja fahren" und waren ebenso auf der Suche nach einem Nachtlager wie wir.

"Zu teuer!," meinten sie und zogen weiter. "Wir schlagen unser Zelt dort drüben in der Wüste auf. Viel Spaß noch und gute Weiterfahrt!"

Wir schauten uns das Zimmer an und empfanden den Preis auch zu hoch. Also fragten wir den Knirps ob es denn noch andere Übernachtungsmöglichkeiten gäbe und er sagte (das haben wir zumindest so verstanden): "Da drüben ist noch ein Hotel".

Wir beschlossen, dieses Hotel anzufahren und zu schauen, ob es die bessere Wahl wäre.

An dieser Stelle möchte ich Euch nochmal ins Gedächtnis rufen, dass wir in einem Kuhdorf irgendwo in der Wüste waren, wo Häuser zum Teil aus Kaktus gebaut waren.

Ohne Worte...


Nicht so das Hotel:

Ein massives Gebäude mit schickem Eingangsbereich, der direkt zur Rezeption führte.

Voll klimatisiert.

Der Pinguin hinter der Theke machte einen nicht besonders einladenden Eindruck, ziemlich arrogant, so als wolle er uns andeuten: 'Wir sind hier besseres Klientel gewohnt.'

Umgerechnet 70(!) Euro wollte er für das Zimmer.

Diesen Preis hatte er sich nicht mal eben ausgedacht um uns zu verschrecken, nein, hinter ihm an der Wand hing eine Tafel mit den Zimmerpreisen und die sagte dasselbe.

"Descuento?" (Preisnachlass, Discount)

"No!"

"Adios"

Der kleine Kerl im Wüstenmotel war noch im Hof, als wir zurück kamen, er hatte es wahrscheinlich nicht anders erwartet.

"Descuento?"

"No."

Zelten in der Wüste stellten wir uns nicht so erholsam vor, also gaben wir dem Kleinen die 300 Pesos und bezogen unser Zimmer.

Jetzt bloß nicht anlehnen!


Ca.9 Quadratmeter, rechts und links je ein Bett, ähnlich wie Feldbetten, mit muffigen Bezügen und quietschenden Federn.

Geradeaus eine kleine Stufe, die durch einen Vorhang ins "Bad" führte.

Ok, es war ein grösseres Klo mit Dusche.

Keine Tür, die man für ein wenig Privatsphäre beim Gang zum Klo hätte zumachen, geschweige denn abschließen können.

Die quietschen schon beim Hinschauen...   


Was soll's, wenigstens keine "Cucarachas", (Kakerlaken).

Quietschen ist egal! Es hat Klima...und keine Cucarachas!


Nun war es an der Zeit, dem Körper etwas Energie zuzuführen.

Wir fragten den Jungen wo wir denn etwas zum Beissen bekommen könnten und er empfahl uns das einzige (nebst dem im teuren Hotel) "Restaurant" im Ort, gleich da drüben (anders als auf der Parkplatzmauer angekündigt, gab es hier im Motel kein Restaurant)...

Wir mussten nicht lange suchen. Es roch nach Essen, lecker(!),und wir hörten mexikanische Musik.

Angekommen fanden wir dann eines dieser Gebäude (eher ein Schuppen), komplett aus den getrockneten, zu Brettern gesägten Stämmen der Riesenkakteen gebaut, und gingen hinein.

Die Einrichtung war spartanisch, Plastikstühle mit Bierwerbung standen um runde Plastiktische herum, vom Fernseher an der Wand kam die Musik, ein paar Einheimische sassen da und ließen es sich schmecken.

Der Empfang war sehr freundlich und die Dame, die uns bediente (vermutlich die Chefin), fragte uns was wir gerne hätten.

"Was gibt's denn so?" wollten wir wissen, denn eine Speisekarte gab es nicht.

"Huhn oder Schwein" war die knappe aber freundliche Antwort.

Häh!?!

Natürlich hatten wir kein Schnitzel mit Spätzle und Salat erwartet, aber einfach NUR "Huhn oder Schwein" !?!

Wir entschieden uns für Schwein.

Wir wurden nicht enttäuscht.

Ein Teller gefüllt mit, na ja, sagen wir mal klein geschnippeltem, gebratenem Schweinefleisch, Reis, pico de gallo (eine Mischung aus Zwiebel- und Tomatenwürfelchen in feiner Marinade mit einem Gewürzkraut das uns bis dato fremd war) und -

Tortillas

Die fehlen auf keinem Teller bei mexikanischen Gerichten.

Bei ein paar Bierchen genossen wir nicht nur das schmackhafte Essen, sondern auch die freundliche Atmosphäre.

Es war schon spät als wir zum Motel zurückkehrten.

Bei einem Bierchen noch den Sonnenuntergang genießen


Im Zimmer war es sehr warm. Nicht unerträglich, und schließlich konnten wir ja die Klimaanlage einschalten.

Das Licht ging schon mal nicht.

Wir hatten Stirnlampen dabei, also kein Problem.

Klimaanlage an.

Geht auch nicht!

Na super! Da hat uns das Bürschchen wohl doch über's Ohr gehauen!

Auf Nachfrage, was denn los sei, warum wir keinen Strom hätten hat uns die Antwort fast die Sprache verschlagen

"Strom gibt's nur von Einbruch der Dunkelheit bis 22 Uhr, dann schalten wir den Generator ab."

(.....)

Der "Generator" fiel mir bei unserer Ankunft schon auf. Da dachte ich noch: "Wie lange der Motor, der vermutlich aus einem großen Pickup stammte, hier wohl schon auf dem Hof vergammelt?"

Jetzt wusste ich es besser...

Die Nacht haben wir überstanden und früh schon sollte es weiter gehen. Die Koffer wurden wie gewohnt akribisch gepackt und mit Spanngurten extra gesichert.

Hier ist noch ein Zentimeterchen Platz


Kleine Anmerkung hier noch: Cataviña liegt ziemlich genau auf gleicher südlicher Position wie der Punkt, an dem wir auf unserer Wüstentour von San Felipe aus umgedreht haben und nur etwa 25km westlich davon!


Wieder wollten wir uns auf kein fixes Tagesziel festlegen, sondern schauen wie weit wir kommen würden und dort, wo es uns gefallen würde anhalten um zu übernachten.

Entfernung also unbekannt.

Nachdem die Moppeds bepackt waren schwangen wir uns auf die Sättel.

Kurz vor dem Ortsausgang, gegenüber des teuren Hotels war eine Tankstelle - zumindest mal gewesen.

Stattdessen standen dort ein paar Jungs mit einem Pickup Truck, auf dessen Ladefläche sich zwei blaue Plastikfässer befanden.

"Gasolina?" riefen sie uns zu.

"Si", davon kann man nie genug haben. Wer weiß wie dicht das Tankstellennetz auf den kommenden schätzungsweise 350 Kilometern sein wird!

Tankdeckel auf, großer Plastiktrichter rein und mit Flaschen wurde das gute Nass eingefüllt.

Immer rein mit dem Zeugs!


Hoffentlich war das nicht gepanscht!

Auf den 240 Kilometern bis nach Guerrero Negro konnten wir keinerlei Mängel am Sprit feststellen.

Doch Dolores ... Ihr ahnt es sicher schon!

Genug für heute. Ich hoffe es war mal wieder unterhaltsam und bin selber schon ganz heiß auf den folgenden Bericht.

Hierzu vorweg ein Stichwort:"Rotel - Begegnung mit Deutschen"

Macht's gut bis dahin,

Conny&Pepe


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